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Wettbewerb Umgestaltung des Breitscheidplatzes: Zwei Sieger entwerfen Granitplatte
Wer im Jahr 2001 über den Breitscheidplatz geht, wird sich warm anziehen müssen. Nach der gestrigen Wettbewerbsentscheidung zur Umgestaltung des Stadtraums in der City West steht fest, den Platz in einen „Ort der Leere“ zu verwandeln. Danach soll der Autotunnel gedeckelt und die Budapester Straße oberirdisch geführt und verbreitert werden. Außerdem wird der Breitscheidplatz weitgehend von Bäumen, Bänken und Hochbeeten befreit, so dass rund um die Gedächtniskirche eine weite Platte entsteht, die bis in die Kantstraße reicht. Flankiert wird der Platz dann von zwei Hochhäusern, für die das Schimmelpfenghaus abgerissen wird.
Als Sieger ausgewählt hatte die Jury gestern gleich zwei Planungsteams. Das Preisgericht, sagte Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit, habe sich bei sieben Vorschlägen auf zwei geeinigt, da diese „die Idee von einer neuen zentralen Platzmitte“ am besten verwirklicht hätten. Bis zum Frühjahr 2000 sollen die Entwürfe nun in einem so genannten diskursiven Verfahren zwischen den Planern sowie der Senatsverwaltung für Bauen korrigiert werden, bevor im Frühjahr eine endgültige Entscheidung getroffen wird. Klar jedoch sei, so Jakubeit, dass die „Freiräumung des heruntergekommenen Platzes“ beider Entwürfe Bestand haben werde.
Konkret sehen die Pläne der Berliner Landschaftsarchitekten Topotek1/Rein-Caro eine steinerne Fläche vor, die von den westlichen Hochhäusern und dem Bikini-Haus bis zur Tauentzienstraße reicht. Lediglich am „Wasserklops“-Brunnen sollen 12 Platanen Schatten spenden. Kritik übte der Juryvorsitzende Guido Hager (Zürich) an der Idee, die neuen Straßenränder mit einem künstlichen farbigen Band zu gestalten. Das Band, so Hager, schaffe „eine Grenze zwischen Bikini-Haus und Breitscheidplatz“.
Ganz ohne Bepflanzung kommt der Entwurf der Planer Langenbach/Ivancsics (Berlin/Wien) aus. Als Gestaltungsmerkmal sind bei ihrem Vorschlag schmale Lichtbänder in den Boden eingelassen, die den Platz bei Nacht schimmern lassen.
Julian Wekel, Abteilungsleiter in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, verteidigte die Ideen für die Platte am Fuße der Investoren-Hochhäuser. Nach Vorstellung des Preisgerichts müsse der Platz in erster Linie „entrümpelt“ werden. Es gehe nicht darum, „ein Bad Pyrmont mit Bankgruppen und Beeten“ entstehen zu lassen.
Beate Profé, grüne Baustadträtin in Charlottenburg, gab sich gestern vorsichtiger. Auch mit Blick auf die Nutzer und die „Szene“ plädierte sie dafür, „keinen völlig neuen Platz zu erfinden“.
Rolf Lautenschläger
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