: Kuscheliges Gefährt
■ Bremer Kunststudent häkelt sein Fahrrad ein / Zwei Kilo Häkelwolle wurden für das Werk eingesetzt / Der Künstler bringt es inzwischen auf 50 Maschen in der Minute
Es ist weich, flauschig, schwarz und fährt - ein in schwarze Wolle gehülltes Herrenrad. Der eingehäkelte Drahtesel kann zur Zeit im Schaufenster des ADFC-Büros in der Mathildenstraße bestaunt werden. In zwei Kilogramm schwarze Wolle hat der Bremer Kunststudent Boris Reihle sein Rad verpackt. Selbst die Kleinteile, wie Speichen, Dynamo, Klingel und Lampe, sind eingehäkelt. Nur die Kette hat er freigelassen. Schließlich soll man sich theoretisch mit dem Gefährt noch fortbewegen können.
Wie kommt man auf die Idee ein Fahrrad einzuhäkeln? „Ich experimentiere seit einigen Monaten mit der Häkeltechnik.“ erklärt der 31-Jährige. Nachdem er kleinere Gegenstände, wie Besteck, Teller und Tassen, in Häkelmaschen verhüllt hatte, kam ihm die Idee mit dem Fahrrad. Herhalten musste dann sein eigenes Herrenrad der Marke Stricker. Das Häkeln hatte ihm seine Oma beigebracht, als er acht Jahre alt war, und ihr hat Reihle das Kunstwerk deshalb gewidmet. Mittlerweile bringt er es auf 50 Maschen in der Minute. Trotzdem häkelte Reihle fünf Wochen an dem Fahrrad und war von morgens bis abends mit der Handarbeit beschäftigt. „Danach war ich ziemlich verspannt.“ sagt Reihle.
An dem Projekt hat ihn der Widerspruch gereizt, der sich aus den unterschiedlichen Materialien ergibt - die weiche Umhüllung und das Innere aus Metall. Ihm geht es um die Veränderung, die Alltagsgegenstände durch die Häkelhülle erfahren, in der die Form verschwindet und doch sichtbar bleibt. Reihle: „Das Fahrrad bekommt dadurch etwas Lebendiges.“
Der ADFC hatte ihm vorgeschlagen, sein Werk in ihrem Büro auszustellen, um Passanten daran zu erinnern, ihr eigenes Velo „winterfest“ zu machen. Das kuschelige Rad ist noch bis zum 15. Januar im Schaufenster des Info-Ladens ausgestellt. Danach wandert es zurück in den Besitz des Künstlers. Falls nicht ein kunstliebender Fahrradfreund das Kunstwerk für 5.000 Mark kauft, was ja auch eine Möglichkeit wäre.
Zurzeit arbeitet Boris Reihle passend zur Jahreszeit an einem neuen Häkelobjekt - ein Kinderschlitten - naturgemäß in weißer Wolle. taz
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