■ Parlament verzichtet auf Ex-Kanzler in Öl
: Kohl als Model nicht gefragt

Der Ex-Kanzler bleibt „in Vorbereitung“. Das zumindest verrät ein Zettel, der in der Ehrenbürgergalerie des Abgeordnetenhauses das Konterfei Helmut Kohls ersetzen muss. Jahrelang ließ der Pfälzer, seit sieben Jahren Ehrenbürger der Hauptstadt, die Parlamentarier auf ein Gemälde warten – jetzt will das Parlament nicht mehr. Er werde Kohl nicht drängen, endlich bei einem Maler Modell zu sitzen, ließ Abgeordnetenhauspräsident Reinhard Führer (CDU) am Wochenende wissen. „Bis die Angelegenheit erledigt ist, halte ich die Füße still“, sagte Führer in Anspielung auf die Parteispendenaffäre. Den Hinweiszettel neben den bereits fertig gestellten Porträts von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow will Führer aber nicht entfernen lassen – weil es „missverstanden werden“ könnte.

Nicht nur in Öl, auch in Fleisch und Blut macht sich der Spendensammler derzeit rar. Jetzt verschmäht er sogar die läppischen 30.000 Mark, die ihm der frühere Kommissionspräsident der EU, Jacques Delors, heute in Berlin überreichen wollte – verbunden mit dem „Adolph-Bentinck-Preis für Verdienste um Europa“. Kohls Büroleiter Michael Roik erklärte, die Wahrnehmung dieses Termins „erschien uns eher unpassend“.

Weniger unpassend erschien dem CDU-Ehrenvorsitzenden offenbar ein anderer Termin, den er zumindest bis gestern noch nicht abgesagt hatte. Heute will sich Kohl mit dem abgesetzten Domprediger Martin Beer zum Kaffee treffen: Affären-Opfer unter sich. Dass Beer lediglich über Gerüchte und Intrigen stolperte, während Kohl gegen Gesetze verstoßen hat – das wird in der Perspektive des einstigen Kanzlers, der seine Blicke stets auf den Mantel der Geschichte richtet, einigermaßen verschwimmen. taz

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