Chronologie der CDU-Spendenaffäre: Schweigen im Sumpf
Schon zweieinhalb Monate dauert die Diskussion um illegale Spenden
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens gegen den früheren CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep kam das System der schwarzen Kassen von Ex-CDU-Chef Helmut Kohl ans Licht. Eine Chronologie:5. November 1999: Der wegen Verdachts der Steuerhinterziehung von der Augsburger Staatsanwaltschaft mit Haftbefehl gesuchte Ex-Schatzmeister Walter Leisler Kiep stellt sich der Justiz. Er erklärt, die am 26. August 1991 vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber in seinem Beisein an den langjährigen CDU-Steuerberater Horst Weyrauch in einem Koffer bar in der Schweiz übergebene Million sei als Parteispende an die CDU gegangen.6. November: Altbundeskanzler Kohl versichert, er habe keine Kenntnis von der Spende.8. November: CDU-Generalsekretärin Angela Merkel spricht sich für eine lückenlose und schnelle Aufklärung aus. Weyrauch habe erklärt, das Geld sei auf ein Treuhand-Anderkonto einbezahlt worden und später auf Anweisung Kieps verteilt worden.12. November: Schreiber bestätigt in einer Fernsehsendung, eine Spende in Höhe von einer Million Mark an Weyrauch übergeben zu haben. Die Absicht seiner Auftraggeber sei eine politische gewesen.21. November: Kohl weist den Vorwurf von Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit der Lieferung von Panzern an Saudi-Arabien zurück.22. November: Der CDU-Vorstand beschließt, sich zum Jahresende von der Wirtschaftsprüfungsfirma Weyrauch und Kapp GmbH zu trennen.25. November: Schreiber sagt im Stern, er habe Kontakte zum jetzigen CDU-Chef Wolfgang Schäuble und zu Kieps Nachfolgerin im Schatzmeisteramt, Brigitte Baumeister, gehabt.26. November: Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geißler bestätigt Berichte über geheime CDU-Konten. Schäuble will einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer einschalten. Der Bundestag prüft, so Präsident Wolfgang Thierse (SPD), ob die CDU nach dem Parteiengesetz anzeigepflichtige Spenden ordnungsgemäß aufgeführt hat.28. November: Schäuble sichert eine rückhaltlose Aufklärung zu. Er räumt ein, die Union habe bei der Kanzlei Weyrauch Anderkonten unterhalten. Diese hätten aber nichts mit schwarzen Kassen zu tun.30. November: Kohl übernimmt politische Verantwortung für die Führung verdeckter Parteikonten. Er entschuldigt sich für mangelnde Transparenz und mögliche Verstöße gegen das Parteigesetz.2. Dezember: Der Bundestag setzt einen Untersuchungsausschuss „Parteispenden und Waffenhandel“ ein. Schäuble suspendiert den Hauptabteilungsleiter Verwaltung im Konrad-Adenauer-Haus, Hans Terlinden, vom Dienst. Der Kohl-Vertraute hatte zur Aufklärung der Affäre wichtige, für die CDU bestimmte Unterlagen nicht an Schäuble, sondern an Kohl weitergegeben.Die Genfer Justiz stellt im Zusammenhang mit dem Erwerb des ostdeutschen Energieversorgers Leuna-Minol durch den französischen Konzern Elf Aquitaine ein Rechtshilfegesuch an die Staatsanwaltschaft in Augsburg. Es soll geklärt werden, ob Schmiergelder gezahlt worden sind.16. Dezember: Kohl gesteht im ZDF ein, zwischen 1993 und 1998 Spenden von 1,5 bis 2 Millionen Mark illegal angenommen zu haben. Er gibt einen „schlimmen Fehler“ zu. Namen der anonymen Spender will er nicht nennen. Der Untersuchungsausschuss konstituiert sich.19. Dezember. Nach Berichten sind wesentliche Akten über Leuna-Elf aus dem Kanzleramt verschwunden.20. Dezember. Kohl trifft sich mit einem Mitarbeiter des von der CDU mit der Klärung beauftragten Wirtschaftsprüfungsfirma Ernst & Young. Parteichef Schäuble wird unterrichtet.21. Dezember: Merkel fordert in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Partei auf, sich von Kohl zu lösen. Der Bonner Staatsanwaltschaft liegen inzwischen 14 Anzeigen gegen Kohl wegen Verdachts der Untreue vor.22. Dezember: Das CDU-Präsidium berät über einen Zwischenbericht der Wirtschaftsprüfer. Danach wurden Anfang 1997 von einem Ende 1996 aufgelösten Fraktionskonto 1,146 Millionen Mark in bar an die CDU übergeben.31. Dezember: Die CDU legt einen korrigierten Rechenschaftsbericht für 1998 vor. Danach hat die Partei von 1993 bis 1998 noch rund 400 000 Mark mehr an nicht ordnungsgemäß verbuchten Spenden eingenommen als Kohl zugegeben hat. In dem Bericht ist auch von den 1,146 Millionen Mark die Rede.3. Januar 2000: Die Bonner Staatsanwaltschaft eröffnet ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen Kohl wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil seiner Partei.7. Januar: Schäuble räumt in der ARD ein, 1994 von Schreiber eine Barspende von 100 000 Mark entgegengenommen zu haben. Die Schatzmeisterei habe den Betrag als „sonstige Einnahme“ verbucht.11. Januar: Während einer Pressekonferenz in Berlin lehnt Schäuble persönliche Konsequenzen ab.13. Januar: Einzelne CDU-Politiker distanzieren sich offen von ihrem Parteichef. 14. Januar: Hessens Ex-CDU-Chef Manfred Kanther räumt ein, dass die hessische CDU 1983 geheime Auslandskonten eingerichtet und seitdem geführt hat. Von diesen Konten seien als Vermächtnisse falsch deklarierte Summen in Millionenhöhe an die Partei geflossen.15. Januar: SPD und Grüne in Hessen fordern Ministerpräsident Roland Koch (CDU) auf, per Rücktritt den Weg zu Neuwahlen freizumachen.Schäuble lehnt erneut seinen Rücktritt ab. Zum wiederholten Mal wird Kohl aufgefordert, die Namen der anonymen Spender zu nennen. Doch Kohl hüllt sich weiter in Schweigen. dpa
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