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Rau düste doch im Privat-Jet an die Nordsee

Flugaffäre: Die erste Zeugin im Düsseldorfer Untersuchungsausschuss belastet die Landesregierung und Bundespräsident Rau: Es gab mehr Privatflüge als bisher zugegeben

Düsseldorf (taz) – An den Trip nach Westerland auf Sylt am 14. Juni 1990 kann sich Sabine Wichmann noch gut erinnern. Die drei Herren, die in Düsseldorf auf ihren Abflug warteten, „standen da mit Pfeife, Gummistiefeln und Angeln“, erläuterte die 33-Jährige gestern dem Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zur Aufklärung der Düsseldorfer Flugaffäre.

Einer von ihnen habe auch gesagt, sie würden zum Angeln fliegen. Nur welcher der drei ihr das sagte, daran konnte sich Wichmann nicht mehr erinnern: War es NRW-Finanzminister Heinz Schleußer oder seine mitfliegenden damaligen Kabinettskollegen Klaus Matthiesen und Hans Schwier? Und wohin ging die Rechnung für diesen Flug? „Die Rechnungen wurden grundsätzlich an die WestLB geschrieben“, erklärte die Witwe des Flugkapitäns Peter Wichmann, mit dessen Privat-Jet-Firma PJC die Westdeutsche Landesbank einen Flugbereitschaftsvertrag hatte.

Die Aussagen der ruhig sprechenden und seriös wirkenden Wichmann, die nach eigenen Angaben bei einem Teil der Minister-Flüge mit dabei war und andere vorbereitete, bringen die NRW-Landesregierung und auch Bundespräsident Johannes Rau weiter in Bedrängnis. Unter anderem erinnerte sie sich an einen Flug Raus „nach Wittmund oder Wittmundhafen“ in der Nähe der Nordseeinsel Spiekeroog, wo die Familie seiner Frau ein Ferienhaus besitzt. Sie habe sich extra darum gekümmert, dass der damalige Ministerpräsident noch die Fähre bekommen konnte, sagte die selbstständige Kauffrau im Zeugenstand. Als Grund der Reise habe ihr Mann ihr gesagt, der SPD-Politiker müsse sich dort erholen. Wann dieser Flug stattfand, konnte sie nicht sagen. „Ich weiß nur, dass schlechtes Wetter war.“ Rau hat bisher vehement bestritten, mit dem Privat-Jet-Service der WestLB nach Wittmund geflogen zu sein.

Anschaulich berichtete die erste Zeugin des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, wie Rau zusammen mit WestLB-Chef Neuber samt Gattinnen nach Wien flog. Viele Geschenke hätten sie mitgenommen, auf dem Rückflug sei das Flugzeug dann mit Sachertorten beladen gewesen. Sie habe gehört, es sei zu einer Weinprobe gegangen, sagte Wichmann. Ob das der tatsächliche Zweck der Reise war, wisse sie jedoch nicht. Aber auf jeden Fall habe Frau Neuber bei der Rückreise am Tag danach Kopfschmerzen „von dem Wein“ gehabt. Weiter berichtete Wichmann von fünf Flügen von Finanzminister Schleußer in die Nähe seiner Ferienjacht an der kroatischen Adria. Bei einem Flug seien Teile für sein Boot mit dabei gewesen, bei einem anderen sei „ein Klappfahrrad für Herrn Schleußer verladen“ worden. Schleußer hat bisher nur zwei Privatflüge zugegeben.

Bankchef Friedel Neuber flog am liebsten auf WestLB-Kosten zur Jagd. „Es hat im Laufe der Jahre viele Flüge zum Jagen gegeben“, sagte Wichmann aus. Aber dabei sei nur einmal ein Politiker – der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Friedhelm Farthmann – dabei gewesen.

Am Freitag wird der wegen Kokain-Schmuggels im Gefängnis sitzende PJC-Copilot Ralph Henry Ermisch vom parlamentarischen Untersuchungsausschuss vernommen. Pascal Beucker

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