: Schäuble spendiert eine Entschuldigung
■ CDU-Chef: Union hat der Demokratie geschadet. Fraktion geschockt vom Selbstmord des CDU-Haushalts- und Finanzexperten Wolfgang Hüllen
Berlin (taz) – Zur Abwechslung bewies Wolfgang Schäuble gestern mehr Büßer- als Aufklärungswillen. Bei der Bundestagsdebatte zur CDU-Spendenaffäre entschuldigte er sich dafür, „dass in unserer Verantwortung ganz offensichtlich gegen Gesetze verstoßen worden ist und dass wir Vertrauen in die Integrität demokratischer Parteien beschädigt haben“. Unter anderen nutzte SPD-Fraktionschef Peter Struck die Debatte zu scharfen Angriffen gegen die CDU: „Deutschland darf und wird nicht zu einer Kohlschen Bimbes-Republik verkommen.“ Er forderte Kohl auf, „Ross und Reiter“ zu nennen: „Befreien Sie das Land von dem Verdacht, mysteriöse Dunkelmänner hätten maßgeblichen Einfluss auf die deutsche Politik.“
Geschockt reagierten die CDU/CSU-Abgeodneten kurze Zeit später, gegen Mittag, auf eine weitere Nachricht ihres Fraktionsvorsitzenden Schäuble: Der Leiter des Fraktionsbüros für Haushalt und Finanzen, Wolfgang Hüllen, 49, habe sich in seiner Wohnung in Berlin-Steglitz erhängt.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Joachim Hörster, sagte, die Motive für den Selbstmord lägen „nach den bisher vorhandenen Informationen im persönlichen Bereich“. Trotzdem mutmaßten viele Abgeordnete, dass der Freitod des Fraktionsangestellten mit der Spendenaffäre zusammenhängen könnte. Vermutlich hatte er mit der umstrittenen Geldtransaktion im Jahr 1996 zu tun. Damals wurden 1,15 Millionen Mark in bar von der Fraktion an die Bundespartei übergeben. Möglich ist allerdings auch, dass Hüllen sich umbrachte, weil er sich persönlich bereichert hatte und dies aufzufliegen drohte. Angeblich gibt es Hinweise darauf in einem Abschiedsbrief. Der CDU-Abgeordnete Andreas Schmidt sagte: „Er war für Finanzen zuständig – das schürt natürlich die Spekulationen.“
Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Parteispendenaffäre, der sich gestern erstmalig traf, stritten Vertreter von Regierung und Opposition darüber, ob der Auftrag des Ausschusses auf das gesamte Finanzgebaren der CDU ausgeweitet werden soll. Die CDU-Abgeordneten im Ausschuss vertraten die Meinung, dass die Finanzaffäre ihres hessischen Landesverbandes bei ihnen nichts zu suchen habe.
Die Bestechungsaffäre um die Übernahme der ostdeutschen Leuna-Raffinerie durch den französischen Konzern Elf Aquitaine hat jetzt auch in Liechtenstein Folgen. Die Regierung in Vaduz ließ auf Ersuchen der Genfer Justiz mehrere Bankkonten sperren. Nach Angaben der Genfer Staatsanwaltschaft tauchen im Fall Elf Aquitaine und in der CDU-Parteispendenaffäre mehrfach die gleichen Namen auf. Karin Nink/Tina Stadlmayer
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