: Zwei erledigte Fälle: Kohl und Transrapid
Handelskammer hält unverbrüchlich an der Magnetschwebetechnik fest ■ Von Peter Ahrens
Die Handelskammer hat es mit der Treue. Unbeirrt steht sie zum Transrapid zwischen Hamburg und Berlin, und genauso mannhaft hält sie dem Altkanzler die Stange. Immerhin räumt Kammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz ein, dass die vielkritisierte Ehrung Helmut Kohls am vergangenen Mittwoch „eine schwierige Veranstaltung“ gewesen sei. Die Kammer zog gestern Jahresbilanz – Kritik am rot-grünen Senat? Fehlanzeige.
Immer wieder der Transrapid: Die Handelskammer hält die Mag-netschwebetechnik nach wie vor für das Nonplusultra der künftigen Entwicklung Hamburgs. Die Bahn kündigt peu à peu ihren Rückzug aus der Technologie an – Schmidt-Trenz hält dagegen: „Es geht überhaupt nicht darum, ob der Transrapid kommt, sondern nur noch, wo er gebaut wird.“ Zumindest erkennt er, es sei „fraglich geworden, ob die Strecke Hamburg-Berlin in Frage kommt“. Dann aber wieder: „Es muss vom Bund nur noch ein kleiner Schritt zur Realisierung getan werden.“ Damit meint er die mindestens 800 Millionen Mark große Finanzierungslücke, die die Bundesregierung nach Ansicht der Kammer füllen solle.
Zur Ehrung Kohls mit der Kammermedaille „stehen wir nach wie vor“, betont Schmidt-Trenz. Den Gedanken, den pfälzischen Ehrenmann kurzfristig auszuladen, habe man rasch wieder verworfen. Man habe sich stattdessen für „die kritische Distanz“ entschieden, die Schmidt-Trenz aus der Begrüßungsrede von Kammer-Präsident Nikolaus Schües herausgehört haben will. Auch die Kaufleute selbst hätten Kohl beileibe nicht so euphorisch empfangen, wie es durch die Medien dargestellt worden sei: „Es hat keine Standing Ovations gegeben.“ Bei der Kammer sei man der Ansicht gewesen: „Ein Beschuldigter ist auch anzuhören.“ Mit der Ehrung habe man die „langjährigen Verdienste Kohls“ im Auge gehabt.
Kritik am Senat fiel gestern aus. Die Kammer präsentierte angesichts einer Vergleichsstudie der deutschen Großstädte zwar einen Forderungskatalog an rot-grün, doch die dort aufgeführten Punkte – ein Einsatz für Transrapid und A3XX, hochwertiger Wohnungsbau in der Innenstadt, Ausbau des Medienstandortes, ein „wirtschaftsfreundliches Ansiedlungsklima“ – hätten „auch vom Senat unterstrichen werden können“, wie Schmidt-Trenz feststellte. Selbst die Kritik am Verkehrsentwicklungsplan des Bausenators, vor Wochen noch überlaut vorgetragen, verschwand gestern stillschweigend in der Schublade. Blieb die Dauerbrenner-Forderung, den Senat zu verkleinern, und „bei manchen Bereichen noch an Tempo zuzulegen“.
Die Studie der Kammer ergab ebenfalls wenig Überraschendes: Hamburg liege bei Theaterbesuchen deutschlandweit an der Spitze und sei als Sitz von führenden deutschen Unternehmen sehr gut vertreten. Dagegen sei die Stadt nur ein unterdurchschnittlicher Bankenplatz, bei den Messen hinke man ebenso hinterher wie bei den Patentanmeldungen und der Zahl der Bildungseinrichtungen, und der internationale Luftverkehr fliege an Hamburg noch zu sehr vorbei. Schmidt-Trenz fasst die 60seitige Studie zusammen: „Insgesamt kommen wir zu dem Ergebnis, dass die Hamburger Region nicht so schlecht dasteht wie befürchtet, aber auch nicht so gut abschneidet, wie es wünschenswert wäre.“
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