: Sozialdemokratischer Landschaftspfleger
Friedel Neuber ist seit 81 WestLB-Chef. Da kommt es auf gut gewaschene Hände an
Eisern hat WestLB-Chef Friedel Neuber jede Auskunft darüber verweigert, wer bei seinen Flügen mit Heinz Schleußer noch an Bord war. Nie hätte er verraten, dass nicht nur er und sein Skatbruder, sondern manchmal auch dessen Freundin dabei war. Alte Genossen halten zusammen.
Am Ende ist es doch herausgekommen. Schleußer ist zurückgetreten. Neuber dürfte das tief getroffen haben. Er ist mit Schleußer seit niederrheinischen Juso-Tagen eng befreundet. Die öffentliche Aufregung um die Flugbereitschaft seiner Bank ist für den mächtigen Vorstandsvorsitzenden der Westdeutschen Landesbank (WestLB) ein Rätsel. Regierung, Landesbank und SPD waren ein eingespieltes Team. Selbstverständlich haben Mitglieder der Landesregierung den Dienst genutzt. Warum nicht auch privat?
Der SPD verdankt der 64-jährige Neuber seine Karriere. Der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete, dem weder eine Begabung für Fremdsprachen noch eine geschliffene Rhetorik nachgesagt werden, gehört heute zu den mächtigsten Bankmanagern der Republik. Nachdem er 1981 den Vorstandsvorsitz der WestLB übernahm, hat sich die Bilanzsumme des Konzerns beinahe versechsfacht. Während seine beiden Vorgänger über rote Zahlen stolperten, kletterten unter der Ägide des gelernten Industriekaufmanns die Gewinne unaufhaltsam. Gegründet 1969 mit der Zusammenlegung der Landesbanken von Rheinland und Westfalen, ist die WestLB heute die größte Bank öffentlichen Rechts und das drittgrößte Kreditinstitut in der Bundesrepublik. Haupteigentümer ist mit 43,2 Prozent der Anteile das Land NRW. Der Rheinische und der Westfälisch-Lippische Sparkassen- und Giroverband halten je 16,7 Prozent. Den Rest teilen sich die zwei von den Städten und Kreisen des Landes gebildeten Landschaftsverbände.
Über ein ausgedehntes Beteiligungsnetz reicht der Einfluss der Bank weit über NRW hinaus. WestLB-Ableger gibt es in Brüssel, London, Paris, Mailand, Zürich und Luxemburg. An den Landesbanken in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein hält die WestLB 37,5 und 39,9 Prozent der Anteile. Mit dem Verwaltungsrat der WestLB hatte Neuber bisher keine Probleme. Auf den Posten sitzen größtenteils Genossen, mancher ist ein persönlicher Duzfreund Neubers.
In das „System Neuber“ ist seit je auch die Opposition integriert. Der CDU-Landesvorstand nutzte die Geschäftsräume der WestLB für Sitzungen, und die Gruppe der NRW-Bundestagsabgeordneten der CDU traf sich gerne sich im bankeigenen Schloss Krickenbeck. Geld gab es auch von der WestLB. Großzügige Spenden in fünfstelliger Höhe gingen regelmäßig an SPD und CDU. Der grüne Landessprecher Reiner Priggen, dessen Partei stets leer ausging, hält das für eine „rechtswidrige Parteispendenpraxis“. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft wies Anfang der Woche Priggens Strafanzeige zurück. Es liege kein Anhaltspunkt für ein Vergehen vor.
Die besondere Fürsorge des „Paten“ Neuber, wie ihn einige nennen, galt seinen Parteifreunden. Ihnen half er 1972 den von der WestLB gemanagten Investmentclub „IC 72“ zu initiieren. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Bundespräsident Johannes Rau, Ex-Finanzminister Heinz Schleußer und Ministerpräsident Wolfgang Clement.
Neubers Art der „Landschaftspflege“ reichte noch weiter. Häufiger ließ er Generalstaatsanwälte und führende Justizbeamte des Landes bewirten oder lud Mitarbeiter des Finanzministeriums zum Bootsausflug ein. Alles unverfänglich, wie Wolfgang Clement am Mittwoch im Landtag erklärte. „Ein Verdacht ist nicht begründet.“ Trotzdem kündigte er an, zukünftig „den leisesten Zweifel ausschließen“ zu wollen.
Pascal Beucker, Düsseldorf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen