: Todsünde auf der A 23
■ Milde Strafe für Verkehrsrowdy, der mitten auf der Autobahn stoppte
Der Tag war hart. Erst hatte er Streit mit seiner Ehefrau, dann war die Autobahn 23 in Richtung Pinneberg durch eine Baustelle verengt. Als er den Wagen vor sich zu langsam fand, tat Dimitros G., was sein Anwalt später als „Ausraster“, das Gericht als „Todsünde“ bezeichnen wird: Er überholte rechts, bremste anschließend den abgehängten Wagen auf der linken Spur bis zum Stillstand aus. Dafür verurteilte das Hamburger Amtsgericht den 32-Jährigen gestern zu einer Geldstrafe von 3500 Mark und einem Führerscheinentzug von drei Monaten.
Ein „Verkehrsrowdy“ will G. dennoch nicht sein, einer, der auf Geschwindigkeit steht und die Macht eines schnellen Wagens auf der Autobahn ausspielt. Vielmehr sieht er die Tat als Produkt seiner schweren Lebensumstände. Eine Entschuldigung ringt er sich zwar ab, als er im Gerichtssaal Thomas L. gegenübersitzt, den er an jenem Tag im Juni voriges Jahr auf der stark befahrenen A 23 zum Stehen brachte. Aber nicht ohne hinzuzufügen, dass die Vollbremsung nicht abrupt und die Unfallgefahr nicht wirklich groß gewesen sei. „Einen Ausraster muss man jedem zubilligen“, sagt sein Anwalt.
Auf der Autobahn allerdings nicht, findet die Staatsanwältin. Sie interessiert sich weniger für den vorausgegangenen Familienkrach als für die Gefahr, die Dimitros G. verursachte. „Er ist charakterlich nicht in der Lage, ein Fahrzeug zu führen“, befindet sie und fordert, zusätzlich zur Geldstrafe den Führerschein des Angeklagten für weitere vier Monate einzubehalten. Seit der Tat vor sieben Monaten ist er bereits ohne Fahrerlaubnis. Auch für Richter Michael Heinrichs ist das Verhalten „in keiner Form entschuldbar“. Es sei allein „großes Glück“, dass kein schwerer Auffahrunfall passiert sei, bei dem andere Autofahrer schwer hätten verletzt werden können.
Doch als Thomas L. verdattert auf der linken Spur stand, war die Geschichte noch nicht zuende. Dimitros G. stieg aus, kam zu Thomas L., schlug ihm ins Gesicht und die Brille von der Nase. Da L. aber keine Wunden davontrug, wurde die Anklage wegen Körperverletzung fallen gelassen. Elke Spanner
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