: Gesucht: „Sanktionssystem für Fehlverhalten“
Rau stellt Kommission zur Parteifinanzierung vor. Ströbele für Firmenspendenverbot
Bundespräsident Johannes Rau hat ein doppeltes Handicap: Als Bundespräsident darf er der unabhängigen Kommission zur Parteienfinanzierung nicht ins Handwerk pfuschen. Zum anderen muss Rau wegen seiner Verwicklung in die Flugaffäre den hämischen Kommentar fürchten, ausgerechnet der frühere Herrscher über den roten Filz plädiere jetzt für mehr Transparenz. Deswegen kleidete Rau bei der gestrigen Vorstellung der Kommission seine Wünsche in Frageform.
Die Expertenrunde unter der Präsidentin des Bundesrechnungshofes, Hedda von Wedel, solle Wege finden, wie „das Sanktionssystem für Fehlverhalten“ in Zukunft aussehen soll. Ausdrücklich spricht Rau von Sanktionen gegen Parteien, aber auch gegen verantwortliche Personen. Für eine bessere Kontrolle der Parteienfinanzierung seien möglicherweise Gesetzesänderungen notwendig.
Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele will Verstöße gegen das Parteiengesetz auf keinen Fall unter Strafe stellen. Sein Argument: Dann hätten alle Verdächtigen ein Auskunftsverweigerungsrecht vor dem Untersuchungsausschuss. Ströbele hält es jedoch für „überlegenswert“, mit dem Verlust des passiven Wahlrechts und aller Ämter zu drohen. Auch über ein Verbot von Firmenspenden an Parteien müsse man nachdenken. Von einem generellen Verbot von Parteispenden wollen weder SPD noch Grüne etwas wissen. Schließlich habe das Verfassungsgericht festgeschrieben, dass die Parteien eigene Einnahmen haben müssen.
„Die CDU-Affäre gibt es nicht auf Grund mangelnder Gesetze, sondern deshalb, weil eine Partei mit krimineller Energie die Regeln der Demokratie missachtet hat“, poltert SPD-Generalsekretär Franz Müntefering. Trotzdem will er unter dem Motto „Partei 21“ eine Debatte über das Thema Parteienfinanzierung in Gang setzen: „Wir müssen darüber reden, wie die Finanzierung in Zukunft transparenter und für die Bürger nachvollziehbarer gestaltet werden kann.“ Eine solche Diskussion sei notwendig geworden, weil sich in der Öffentlichkeit der Eindruck verfestige, „es gehe den Parteien nur um die Geldbeschaffung“.
Verschiedene PolitikerInnen brillierten in den vergangenen Wochen mit originellen Vorschlägen. Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP, plädierte für den „gläsernen Abgeordneten“: Nicht nur das Einkommen, auch die Vermögensverhältnisse sollten angegeben werden. Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, CDU, schlug vor, wer Regierungsmitglied sei, dürfe nicht auch noch ein Parteiamt besetzen. Der Schatzmeister der Grünen, Dietmar Strehl, sagt voraus: „Es wird noch eine spannende Debatte über Einkommen und Nebentätigkeiten der Abgeordneten geben.“ Wer mehr als 20.000 Mark von einem Geber bekomme, müsse das veröffentlichen. Nicht selten würden Spenden jedoch als „Beraterhonorare“ verschleiert.
SPD und Grüne sind sich einig, dass die Rechenschaftsberichte der Parteien in Zukunft besser kontrolliert werden müssen. Uneinigkeit besteht bei den Parteien darüber, ob die Kompetenzen des Bundestagspräsidenten ausgeweitet werden müssen, oder ob etwa der Bundesrechnungshof die Kontrolle übernehmen soll.
Tina Stadlmayer, Patrik Schwarz
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