: Johannes Rau räumt weitere Flüge ein
■ Raus Anwalt unterrichtete den Untersuchungsausschuss. Zeuge bestätigt, dass bei einem Rücktritt des Bundespräsidenten, die Hauptbelastungszeugin weitere 100.000 Mark Informationshonorar hätte kassieren können
Düsseldorf (taz) – Johannes Rau flog öfter mit dem Privatjet-Service der Westdeutschen Landesbank (WestLB) als bisher zugegeben. Das habe sich aus „weiteren Recherchen“ ergeben, teilte Raus Anwalt Hans Dahs in einem Schreiben an den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Düsseldorfer Flugaffäre mit.
So sei der damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident neben den bisher eingeräumten 45 Flügen noch zweimal auf Veranlassung der Landesregierung geflogen. Einmal sei er bei einem von der WestLB veranlassten Flug mitgereist. Bei zwei Flügen ließe sich nicht rekonstruieren, welche Fluggesellschaft benutzt worden sei. Gerade der „Mitflug“ mit der WestLB von Frankfurt nach Düsseldorf könnte Rau in neue Schwierigkeiten bringen. Denn Anlass der Reise am 7. Dezember 1994 war nach Angaben des Anwalts eine Konferenz der Parteivorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Europas. Sowohl bei diesem Flug als auch bei dem am 29. September 1994 von Düsseldorf nach Berlin zu einem ökumenischen Gottesdienst aus Anlass des Jubiläums „100 Jahre Bahnhofsmission“ kann Rau kaum dienstlich als Ministerpräsident unterwegs gewesen sein – auch wenn der Berlinflug von Rau-Anwalt Dahs als „dienstlich veranlasst“ bezeichnet wird.
In 19 Punkten „ergänzte“ Dahs die bisherigen Angaben von Rau. Neben den neu aufgetauchten Flügen enthält das Schreiben nun auch eine Aufstellung der „Termine parteipolitischen Charakters“, mit denen Rau etliche „dienstliche Anlässe“ verknüpft hat.
Dahs kann nicht ausschließen, dass es noch weitere Flüge mit der „WestLB-Airline“ gab: Nach so vielen Jahren und auf der Grundlage alter Terminpläne sei es „nicht möglich, die Vielzahl der Termine und Transportmittel mit absoluter Gewissheit zu rekonstruieren“.
Die CDU begrüßte die vorgelegten Ergänzungen. Es verwundere ihn allerdings, dass sie erst jetzt erfolgten und der Bundespräsident bisher „nur die halbe Wahrheit“ gesagt habe, sagte der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss, Michael Breuer. Er verstünde nicht, „warum man zwei Jahre nicht in der Lage war, unsere Fragen korrekt zu beantworten“. Schließlich habe die CDU „bereits im Februar 1998 nach einem taz-Bericht über die WestLB präzise nach den Flügen gefragt“, sagte er. Eine persönliche Vorladung des Bundespräsidenten könne er „nicht ausschließen“.
Bei seiner Zeugenvernehmung vor dem Untersuchungsausschuss am Freitag berichtete der Kaufmann Thomas Fuchs über Honorare, die der Spiegel für belastendes Material über Rau und Ministerpräsident Wolfgang Clement der Pilotenwitwe Sabine Wichmann zugesichert haben soll. Danach hätte Wichmann neben den 100.000 Mark, die sie bekommen hat, weitere 100.000 Mark verdienen können, „wenn der Bundespräsident und Clement geschasst wird“, sagte er. Pascal Beucker
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