: Killerapfelbäumchen bedrohen Kinder
Die Kommunalpolitiker von Heiligendorf-Hattorf machen sich mit einer Holzeinschlagaktion um das örtliche Gemeinwohl verdient
Nein, nicht die gesamte Christliche Demokratische Union (CDU) ist korrupt, verlogen und in finstere kriminelle Machenschaften verstrickt. Das betonen jedenfalls immer wieder die Verstrickten und weisen auf die über 670.000 CDU-Mitglieder, die in den Kommunen ehrenamtlich unter großer persönlicher Aufopferung Dienst am Bürger verrichten. Und tatsächlich gibt es diese Menschen. Umtriebig für das Gemeinwohl unterwegs und unentwegt nach dem Rechten schauend.
Zum Beispiel in Heiligendorf-Hattorf, einem Dorf der Gemeinde Wolfsburg in Niedersachsen. Nur einen Hügel und drei Kilometer von meinem alten Heimatdorf Reislingen entfernt – das nur als Randinformation.
Die dortige CDU hat gerade eine einzigartige Initiative gestartet, um bedrohte Kleinkinder vor dem Tod zu retten. Die CDU-Ratsfrau Ingrid Wagner möchte zwei alte Apfelbäume am Spielplatz abholzen lassen: „Das Fallobst bedroht die Kleinkinder!“, begründete die agile Christdemokratin ihr winterliches Engagement gegenüber den lokalen Wolfsburger Nachrichten. Aber das Fallobst bedrohe nicht nur die Kleinsten der Kleinen: „Die Jugendlichen schlagen mit Ästen und Äpfeln auf Häuser ein!“ Lampen und Fenster seien dem Obst bereits zum Opfer gefallen. Auch Autos wären von Jugendlichen mit Äpfeln beworfen worden.
Baumanwohnerin Martina Krösche muss jeden Tag aus ihrem Fenster die Apfelbäume sehen. Noch recken sie unbegrünt und blütenfrei ihre knorrigen Äste dräuend über Sandkasten und Kinderrutsche. Doch in wenigen Wochen werden sie blühen und schließlich ihre verhängnisvollen Früchte entwickeln.
Martina Krösche weiß das nur zu gut. Sie unterstützt ohne Wenn und Aber das Vorhaben der Apfelbaumgegnerin: „Durch faules Obst werden Wespen angelockt!“ Und verbreiten elenden Kummer. Besonders Menschen mit Wespenallergie könnten schließlich tödliche Stiche erleiden.
Bisher scheiterte der im Ortsrat von Heiligendorf-Hattorf eingebrachte Abholzungsantrag am Widerstand der SPD und der Parteiunabhängigen (PUG). Letztere weisen darauf hin, dass bisher noch niemand von den Apfelbäumen verletzt wurde. Die parteiunabhängige Martina Weinert kommentiert die Ereignisse: „Es ist nicht realistisch, dass ein Kind vom Apfel erschlagen wird.“
Doch die CDU Heiligendorf-Hattorf gibt nicht auf. Wenn die Apfelbäume schon nicht abgeholzt und durch Laubbäume mit leichten und ungefährlichen Früchten der harmlosen Baumsorten Ahorn, Buche oder Eiche ersetzt werden können, dann sollten Apfelbaumpaten die rechtzeitige und regelmäßige Ernte garantieren. „Denn wenn wieder etwas kaputtgeht“, droht die CDU-Sympathisantin und Anwohnerin Martina Krösche, „schicken wir der Stadt die Rechnung!“ Und das kann angesichts der kriminellen Energie der Apfelbäume von Heiligendorf-Hattorf teuer werden.
Wolfgang Müller
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