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Bürger, kauf deine Stadt!

Auch Berlin ist im Aktienfieber: Die Bürgerstadt AG bietet den Erwerb von Anteilen an Grundstücken und Wohnbauten. Die „Stadtbekenntnisaktie“ beteiligt an Planung, Nutzung und Rendite

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Mit einem neuartigen Modell des Aktienerwerbs können seit dem 1. März 2000 Bürger ihre Stadt kaufen. Die Bürgerstadt Aktiengesellschaft finanziert über den Verkauf von Anteilen an Liegenschaften und Wohnungen die Entwicklung ausgesuchter Stadtquartiere.

Das Besondere beim Erwerb der Aktien aber ist, dass die „Stadtbekenntnisaktie“, so Vorstandschef Karl Biechteler, die Teilhaber im Prozess der Planung, des Baus und der Nutzung mitbestimmen lässt. Die Bauvorhaben in Berlin sollen sozial verträglich, Projekte bürgernah und preisgünstig sowie kleinteilig realisiert werden. Die ersten Anteile sind für Wohnungsbauten an der Alten Jakobstraße, am Friedrichswerder und der Luisenstadt vorgesehen.

Das Konzept, Teile der Innenstadt zu erwerben und zu gestalten, ist nach Ansicht Biechtelers eine „folgerichtige Reaktion auf die gescheiterte Praxis anonymer Stadtentwicklung“. Diese habe sich zudem als teuer und mieterunfreundlich erwiesen. „Die Zeit der Abschreibungen, des sozialen Siedlungsbaus an der Peripherie und großer Bauträgerprojekte ist nicht nur vorbei“, sagt der Architekt und Mitvorstand Winfried Hammann. Auch sei der Kauf von Wohnungen wie etwa am Potsdamer Platz oder in bestehenden Entwicklungsgebieten einkommensstarken Schichten oder Kapitalgesellschaften vorbehalten.

Spekulationen mit Grund und Boden, Megaplanungen oder Mehrheitsaktionäre wie bei großen Fondsgesellschaften und Banken wird es bei dem Bürgerstadt-AG-Modell nicht geben, so Hammann. Stattdessen sollen durch preisgünstiges Bauen außer finanzkräftigen ebenso „untere Zielgruppen“ erreicht werden. Als Garanten des sozialen, kleinteiligen Bauens sieht sich die Bürgerstadt AG deshalb, da im Aufsichtsrat die Protagonisten der sozialen Stadtentwicklung und -kultur versammelt sind: die Stadtsoziologen Hartmut Häußermann und Ludovica Scarpa, der Planer Dieter Hoffmann-Axthelm oder Akademie-Vize Matthias Flügge.

Konkret macht sich die Bürgerstadt AG mit den ersten Projekten jetzt auf die Suche nach Anteilskäufern. Zunächst soll durch die private Platzierung von Aktien ein „Grundstock zur Kapitalbildung“ gelegt werden, so Biechteler. Das notwendige Grundkapital schätzt Biechteler auf fünf Millionen Mark. Mit den Aktionären würden dann die Grundstücke erworben, die Entwürfe und die Nutzung festgelegt. Aktionäre können Wohnungen per Optionsrecht erwerben.

Schwierigkeiten erwartet die Bürgerstadt AG beim Kauf der Grundstücke. Sollte das Land auf den gängigen Verkehrswerten bestehen, könnte der Kurs der Aktie gleich zu Beginn fallen. Hammann hält dem entgegen, dass das Land an der Initiative kleinteiliger privater Bauprojekte „interessiert sein muss“, entspreche dies doch dem Striederschen Masterplan-Konzept zur Verdichtung der Innenstadt.

Bauverwaltung und große Bauträger kommentieren das Modell Bürgerstadt AG aus kritischer Distanz. Während Hiltrud Sprungala (Verband Freier Wohnungsbaugesellschaften) die Aktivierung privaten Kapitals als vorteilhaft für die Bauwirtschaft wertet, gibt sich die Bauverwaltung vorsichtiger. Die Stadt-Aktie sei ein „Denkansatz“ zur Verdichtung der Innnenstadt und zur Eigentumsbildung, so ein Mitarbeiter der Bauverwaltung.

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