: Innergrüne Friedensangebote
Vor dem bündnisgrünen Parteitag Karlsruhe liegen zwei Konsensversuche vor: Atomausstieg mit Doppelstrategie erreichen und keine Leoparden in Türkei liefern
KARLSRUHE afp/reuters ■ Vor einem Jahr war es der Kosovo-Krieg, diesmal könnte es die Atompolitik sein: Bei dem Grünen-Parteitag in Karlsruhe liegen bis Sonntag Themen von erheblicher Brisanz an. Die Delegierten werden alte Grünen-Grundsätze wie die Trennung von Amt und Mandat diskutieren und sich um Kredit-Bürgschaften streiten. Wegen des Ausstiegs aus der Atomenergie und der Panzerlieferungen deuteten sich in letzter Minute Konsensversuche an. Die Streitpunkte:
ATOMAUSSTIEG: Beim Atomausstieg müssen sich die grünen Spitzenpolitiker für den schleppenden Fortgang der Konsensgespräche rechtfertigen. SPD und Grüne hatten bei ihrem Amtsantritt erklärt, den Atomausstieg zügig voranzutreiben. Das ursprüngliche Ziel, einen Zeitrahmen für den Ausstieg bis zum Parteitag festzulegen, wurde verfehlt. In einem Antrag versuchen nun grüne Spitzenpolitiker einen Konsens: Darin wird auf ein Ultimatum an die Stromkonzerne verzichtet. Die Koalition wird gleichzeitig aufgefordert, das parlamentarische Verfahren für einen Atomausstieg im Dissens vorzubereiten.
STRUKTURREFORM: Bei der Strukturreform stößt der Wunsch der Parteiführung nach Lockerung der strikten Trennung von Amt und Mandat auf Kritik der Basis. Die Bandbreite der insgesamt 40 Anträge zum Thema Struktur reicht von einem kategorischen Nein zur Trennung von Amt und Mandat bis hin zur Lockerung der Regelung. Der Bundesvorstand möchte, dass künftig „höchstens“ die Hälfte der Vorstandsmitglieder auch ein Parlamentsmandat innehaben dürfen.
HERMES-BÜRGSCHAFTEN: Außenminister Joschka Fischer (Grüne) steht im Streit über Hermes-Bürgschaften für Lieferungen an drei ausländische Atomkraftwerke in der Kritik. Problematisch ist laut Grünen-Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer vor allem die Anlage Lianyungang in China, da es sich dabei um einen neuen Reaktor handle.
PANZER: Nach dem Willen der Grünen sollen Rüstungsgüter nur in EU-Staaten, in die USA und nach Kanada gehen. Die Regierung plant derzeit aber die Lieferung von 64 bewaffneten Fuchs-Spürpanzern an die Vereinigten Arabischen Emirate. Der Rüstungskonzern Krauss-Maffei-Wegmann hat die Exportgenehmigung für Leopard-II-Panzer an die Türkei beantragt. Eine Leo-Lieferung an die Türkei, so hieß es gestern in Regierungskreisen, komme derzeit nicht in Frage.
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