GRÜNER EUROPA-ABGEORDNETER FORDERT GEREGELTE EINWANDERUNG
: Green Card muss auch für Studenten gelten

Die Kampagne der nordrhein-westfälischen CDU gegen die Green Cards für ausländische Computerexperten hat die Wogen in Deutschland hochschlagen lassen. Vor zwei Tagen debattierte dann der Bundestag. Wieder wurde der CDU-Vorstoß heftig kritisiert und dem Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers zu Recht „Rechtspopulismus“ und „Unangemessenheit“ vorgeworfen. Auch die Wirtschaft ist entsetzt. Für sie ist die Green Card der letzte Rettungsanker, bevor der innovative Computersektor in Deutschland leer läuft und der Anschluss an den globalen Markt verloren geht.

So richtig die Kritik an Rüttgers ist: In dieser hitzigen Debatte gehen einige wesentliche Aspekte bisher weitgehend unter.

1. Die Green Card wird nur zum Erfolg, wenn wir den gewünschten Experten deutlich zeigen, dass sie bei uns willkommen sind und dass ihre Arbeit dringend erforderlich ist. Denn für qualifiziertes Personal gibt es auch andere interessante Alternativen außerhalb der Bundesrepublik.

2. Bisher wird die Green Card immer als ein einmaliges Ereignis dargestellt, als seltener „Lapsus“ der deutschen Bildungspolitik. Dabei ist schon absehbar, dass auch in anderen Bereichen Nachwuchsmangel herrscht – bei den Ingenieurwissenschaften etwa droht ein ähnliches Fiasko der fehlenden Experten.

3. Daher wäre zu überlegen, ob die Green Card nicht ausgedehnt wird. Zu denken wäre an eine befristete Regelung für bereits hier lebende Studenten aus Nicht-EU-Staaten, die im Anschluss an ihr Studium in Deutschland arbeiten könnten. Eine begrenzte Arbeitserlaubnis könnte, ähnlich wie in den USA, auch ein Anreiz für ausländische Computer- und Ingenieursstudenten sein, überhaupt in Deutschland zu studieren. Die Attraktivität des Studienstandorts Deutschlands würde damit wachsen, der im internationalen Vergleich momentan nicht besonders begehrt ist.

4. Die Diskussion darf nicht auf die Green Card beschränkt werden. Sie kann nur ein erster Schritt zu einem vernünftigen Einwanderungsgesetz sein, das die gesamte Zuwanderung nach Deutschland unabhängig von dem individuellen Recht auf Asyl regelt. Der Wust an unübersichtlichen Gesetzen und Verfahrensregeln muss systematisiert und für die Bürger transparent gemacht werden.

5. Langfristig muss dies unbedingt in ein europäisches Einwanderungsgesetz münden. Die ersten Weichen werden derzeit in Brüssel gestellt. Nur so können auf Dauer eine moderne Einwanderung geregelt und eine sinnlose Fremdenfeindlichkeit schürende Unterschriften- und Postkartenaktionen vermieden werden. OZAN CEYHUN

Der Autor ist Abgeordneter der Grünen im Europaparlament