Des Kanzlers Machtwort

Gerhard Schröder wünscht sich vom heutigen Green-Card-Gipfel im Kanzleramt die „Lösung eines praktischen Problems“. Ein Einwanderungsgesetz lehnt er ab

BERLIN dpa/ap ■ Bei einem Spitzengespräch im Kanzleramt will sich die Bundesregierung heute endlich mit der Wirtschaft einigen. Es geht um die genauen Regelungen für die geplante Green Card. Die Zeit drängt, schließlich soll die viel diskutierte Sonderarbeitserlaubnis für ausländische Computerspezialisten schon am 1. August in Kraft treten.

Angestrebt wird eine unbürokratische Lösung für die Anwerbung von 20.000 Experten aus Nicht-EU-Staaten. Gestritten wird noch über Details: So will die Regierung von allen Green-Card-Bewerbern einen Studienabschluss verlangen. Die Wirtschaft kritisierte dies als zu formal und brachte stattdessen ein Mindestgehalt – etwa 100.000 Mark pro Jahr – als Anwerbekriterium ins Gespräch.

Aus dem Ausland wird inzwischen steigendes Interesse an einem IT-Job in Deutschland gemeldet. Bislang gab es bereits 1.400 Anfragen, teilte die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) mit. Das größte Interesse gebe es in Bulgarien mit 202 Anfragen, gefolgt von Indien (121), Ecuador (81), Ungarn (75), Russland (71) und Algerien (70). Interessant sei, so ein Sprecher der ZAV, dass viele osteuropäische Bewerber derzeit in den USA arbeiten. So seien von den 75 ungarischen BewerberInnen 25 bei namhaften US-Konzernen im Silicon Valley beschäftigt.

Die Arbeitsvermittler freuen sich über das wachsende Interesse, doch bisher können sie den Bewerbern noch nicht sagen, welche Voraussetzungen sie benötigen. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder wünscht sich deshalb, die Teilnehmer des Spitzengesprächs mögen sich rasch über die Details der Green-Card-Regelung einigen – mehr aber auch nicht.

Möglichen anderen Gesprächsthemen hat der Kanzler einen Riegel vorgeschoben. Im ZDF warnte Schröder davor, jetzt Grundsatzdiskussionen führen. Die Forderungen von Union und Grünen nach einem Einwanderungsgesetz wies er zurück. „Ich will ein Problem lösen“, sprach Schröder, der Krisenmanager – nämlich den Fachkräftemangel im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie. Alles andere strich er erst mal von der Tagesordnung, weil es nicht mehr sei als Zukunftsmusik: „Ein Einwanderungsgesetz in dieser Legislaturperiode halte ich für überflüssig.“

Ganz im Sinne Schröders lehnte auch der Vorsitzende der Bundesinnenministerkonferenz, Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) einen nationalen Alleingang bei der Einwanderungspolitik ab: „Einreise und Aufenthalt von Nicht-EU-Ausländern können wir nur noch gemeinsam in Europa regeln“, sagte Behrens der Welt am Sonntag.

Anders die Gewerkschaften: DGB-Chef Dieter Schulte ist für ein Einwanderungsgesetz, da binnen zehn Jahren in Deutschland ein Mangel an Facharbeitern herrschen werde. Auch IG-Metall-Chef Klaus Zwickel hält ein Gesetz für notwendig.

Derweil macht CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers in NRW weiter Wahlkampf gegen die Green Card – was bei den Kirchen am Wochenende auf scharfe Kritik stieß. Den Rüttgers-Slogan „Kinder statt Inder“ nannte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Manfred Kock, „unerträglich“.

Zitat:Gerhard Schröder zur Diskussion über die Green Card: „Ich will ein Problem lösen –ein Einwanderungsgesetz in dieser Legislaturperiode halte ich für überflüssig.“