: Rausgegangen, Platz vergangen
GAL und Regenbogen in Hamburg-Nord streiten über Nachrücker-Mandat in der Bezirksversammlung. Klage beim Verfassungsgericht ■ Von Peter Ahrens
Auf der Nachrückerliste der GAL für die Bezirksversammlung Nord steht der Name Volker Strantz ganz oben. Er wäre an der Reihe, in die Versammlung einzuziehen, nachdem aus der grünen Bezirksfraktion der Abgeordnete Heinz-Dieter Bies im April ausgeschieden ist. Das Problem: Strantz gehört inzwischen dem Regenbogen an. Bezirksamt und GAL wollen ihn deswegen nicht ins Parlament einziehen lassen. Der Nachrücker sieht das nicht ein und klagt jetzt vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht.
Strantz' Anwalt Hermann Rieche spricht von einer „Art Präzendenzfall“. Die Richter müssen entscheiden, ob Strantz auch Anspruch auf ein Mandat hat, obwohl er die Partei nach Aufstellung der Liste verlassen hat. „Politisch spannend“ nennt der Betroffene das selbst und argumentiert daher auch politisch. Er vertrete nach wie vor die Positionen, für die die GAL 1997 bei der Bürgerschafts- und Bezirkswahl gewählt worden sei: Pazifismus, Antimilitarismus, eine sozial gerechte Finanz- und Sozialpolitik. „Nicht ich habe den Pfad verlassen, sondern die GAL“, sagt Strantz.
Die GAL selbst und der Bezirkswahl- und Amtsleiter Mathias Frommann sehen das allerdings anders. Sie haben daher auf der Bezirksversammlung am Donnerstag Abend bereits Tatsachen geschaffen und statt Strantz Holger Kos-lowski, der auf Platz zwei der Nachrückerliste stand, das Abgeordnetenmandat übertragen. Dagegen ist Strantz, der bei der GAL vor allem in der Landesarbeitsgemeinschaft Kultur gearbeitet hatte, per einstweiliger Anordnung juristisch vorgegangen und hofft auf eine rasche richterliche Entscheidung.
Die GAL in Nord verweist mit einer gewissen Süffisanz darauf, dass der Regenbogen-Mann dazu ausgerechnet die Kanzlei Rieche & Schott in Lokstedt mit der rechtlichen Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat. Mitinhaber Andreas Schott sitzt für die CDU in der Bezirksversammlung und tut sich dort vorrangig durch Rechtsaußen-Positionen hervor – zuletzt bei der Debatte um einen Bauwagenplatz in Nord. Rechtsanwalt Rieche sieht darin allerdings keinen Interessenskonflikt, und Strantz begründet die Wahl seines Beistandes: „Es ist gar nicht so leicht, einen politisch versierten Anwalt zu finden, der nicht im Dunstkreis von SPD und GAL beheimatet ist.“
Für die GAL dagegen ist der Vorgang nur „weiterer Beleg für die enge Zusammenarbeit zwischen CDU und Regenbogen in Nord“, wie Parteisprecher Michael Werner-Boelz sagt. Er wirft dem Regenbogen in Nord vor, „sich nur als Opposition gegen Rot-Grün zu definieren“ und daher „ohne große Bedenken“ die Nähe zur CDU zu suchen. Strantz will das nicht gelten lassen: „Wenn ich nicht noch für GAL-Inhalte stehen würde, würde ich das ganze Verfahren gar nicht durchziehen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen