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Das Atom spaltet die Grünen

Die Landesgrünen sind sich über den Atomkompromiss uneinig. Partei- und Fraktionsspitzen unterstützen das ausgehandelte Ausstiegsszenario. In der Fraktion und an der Basis rumort es. Abstimmungsverhalten beim Parteitag in Münster ungewiss

von RICHARD ROTHER

Der Atomkonsens stellt die Berliner Grünen vor die Zerreißprobe. Während die Partei- und Fraktionsspitze gestern für die Annahme des Kompromisses auf dem Parteitag in der nächsten Woche votierte, rumort es an der Basis und in der Fraktion. Ein Ja der rund 70 Berliner Delegierten auf dem Münsteraner Parteitag ist keineswegs gewiss. Laut Landeschef Andreas Schulze ist die Stimmung derzeit „fifty-fifty“.

Der energiepolitische Sprecher der Abgeordnetenhausfraktion, Hartwig Berger, hat die Delegierten gestern aufgefordert, dem Konsens-Gesetz nicht zuzustimmen. „Die Regierung muss ein Dissens-Gesetz vorlegen, das den Namen Atomausstieg verdient.“ Berger ist neben dem Berliner Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele einer der schärfsten Kritiker der Vereinbarung mit der Atomwirtschaft. Diese seine Haltung wird von mehreren Abgeordneten unterstützt.

Fraktions- und Landesspitze machten sich indes für die Annahme des Kompromisses stark, der unter anderem Restlaufzeiten von rechnerisch 32 oder nach Rechnung der Wirtschaft 35 Jahren für die Kernkraftwerke in Deutschland vorsieht. „Es ist kein Grund zum Jubel, aber ein vertretbarer Kompromiss“, sagte Fraktionschefin Renate Künast, die auf dem Münsteraner Parteitag für den Bundesvorsitz kandidiert. Landesvorstandssprecher Andreas Schulze betonte, dass es entweder diese oder gar keine Möglichkeit zum Ausstieg aus der Atomkraft gebe. Eine Meinung, die auch unter linken Partei- und Fraktionsmitgliedern verbreitet ist. Deutliche Worte fand Landesvorstandssprecherin Regina Michalik, die dem linken Parteiflügel angehört: „Es wäre gesellschaftspolitisch verantwortungslos, die Chance zum Ausstieg nicht zu nutzen.“

Die Kritiker in Partei und Fraktion sehen dies anders. Der bildungspolitische Sprecher Öczan Mutlu sagte, der Atomausstieg sei ein Essential grüner Politik. „Da darf man nicht klein beigeben.“ Wirtschaftssprecherin Lisa Paus: „Uns stand der Mund offen vor Entsetzen.“

„Ich werde dagegen stimmen“, sagte der Delegierte und Kreuzberger Kreischef Kurt-Dietmar Lingemann. „Der Kompromiss ist Schrott.“ Eine Ablehnung würde weder die Koalition mit der SPD noch die Partei gefährden. Die Umwelt- wie die Wirtschaftsarbeitsgemeinschaft der Grünen haben die Partei mehrheitlich zur Ablehnung des Atomkonsenses aufgefordert.

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