: Diesmal will Kohl nicht ins Fernsehen
Altkanzler lässt TV-Kameras bei seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss nächste Woche nicht zu
BERLIN taz ■ Die Vernehmung von Altbundeskanzler Helmut Kohl nächste Woche vor dem Untersuchungsausschuss zur CDU-Parteispendenaffäre wird nicht live im Fernsehen übertragen werden können. Kohl lehnt das ab. Dabei hat er im Laufe der Affäre mehr als einmal das Medium für seine Zwecke zu nutzen gewusst.
Der Ausschussvorsitzende Volker Neumann (SPD) „bedauert“ Kohls Entscheidung. Damit sei einer breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit genommen worden, sich ein Bild von dem Zeugen zu machen. Doch sei ohne Einwilligung des Zeugen nach derzeitiger Rechtslage eine Direkt-Übertragung nicht möglich.
Kohl wird nächsten Donnerstag mit vier (!) Anwälten im Untersuchungsausschuss erscheinen und vernommen werden. Das Gremium soll prüfen, ob während der Amtszeit von Kohl Entscheidungen der Bundesregierung durch Spenden beeinflusst worden sind.
Nicht mehr aussagen will der ehemalige Generalbevollmächtigte der CDU-Schatzmeisterei, Uwe Lüthje. Da gegen ihn wegen uneidlicher Falschaussage von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt wird, beruft sich der Schwerkranke jetzt auf sein Aussageverweigerungsrecht. Für die SPD-Abgeordneten im Ausschuss ist dies Argumentation nicht haltbar. Da gegen Lüthje in einem völlig anderen Verfahren ermittelt werde, werde er sich nicht auf das Aussageverweigerungsrecht berufen können, heißt es. Deswegen will die SPD-Fraktion beantragen, dass Ausschussvorsitzende Neumann mit einer Abordnung Lüthje zu Hause vernehmen soll.
Unterdessen hat sich nach Auskunft von Regierungsprecher Uwe-Karsten Heye der Verdacht erhärtet, dass Unterlagen zu brisanten Themen aus der Regierungszeit Kohls manipuliert wurden oder nicht mehr auffindbar sind. Dies haben die Sonderermittlungen des früheren FDP-Politikers Burkard Hirsch ergeben. Hirsch hat im Auftrag der heutigen rot-grünen Bundesregierung Nachforschungen angestellt. Hirsch wird am nächsten Mittwoch im Untersuchungsausschuss als Zeuge gehört werden. Um den CDU-Spendenkomplex bis zum Spätsommer abschließen zu können, sollen in der Sommerpause noch einmal der frühere CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble und Ex-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister vernommen werden.
KARIN NINK
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