: Schreibers Schreiben
Schweizer Gericht entscheidet, dass der Untersuchungsausschuss des Bundestags Bankunterlagen des Waffenhändlers verwenden darf
LAUSANNE ap/taz ■ Der Untersuchungsausschuss des Bundestags zur CDU-Spendenaffäre erhält Dokumente über mögliche Schmiergeldzahlungen des bayerischen Waffenhändlers Karlheinz Schreiber aus der Schweiz. Dies entschied das Bundesgericht in Lausanne in einem Grundsatzurteil und wies damit eine Beschwerde Schreibers ab.
Es geht dabei um Bankunterlagen, die die Schweiz im Januar 1999 bereits der Staatsanwaltschaft Augsburg übermittelt hatte. Diese hatte sich wegen des Verdachts auf Steuer- und Korruptionsdelikte für Provisionszahlungen interessiert, die auf das Konto einer Schweizer Briefkastenfirma Schreibers überwiesen worden waren. Die Provisionen waren Ende der 80er-Jahre von der Deutschen Airbus GmbH und der Thyssen Industrie AG für die Lieferung von Flugzeugen und Hubschraubern nach Kanada sowie für die Lieferung von Fuchs-Panzern nach Saudi-Arabien bezahlt worden.
Diese Geschäfte sind auch Themen des Untersuchungsausschusses, der prüfen soll, ob Entscheidungen der Bundesregierung in der Ära Kohl mit Schmiergeldzahlungen beeinflusst worden sind. Der Ausschussvorsitzende Volker Neumann (SPD) zeigte sich denn auch erfreut über die Gerichtsentscheidung: „Damit wird ein wesentliches Hindernis unserer Aufklärungsarbeit durchbrochen“, sagte er zur taz. Möglicherweise habe diese Entscheidung auch Auswirkungen auf andere Untersuchungsbereiche des Ausschusses wie etwa die Privatisierung der Leuna-Raffinerie.
Die Schweizer Behörden wollten dem Ausschuss die Unterlagen schon früher überlassen. Doch Schreiber legte Beschwerde beim Bundesgericht in Lausanne ein. Er machte geltend, dass für politische Delikte keine Rechtshilfe möglich sei. In einem Grundsatzurteil kamen die Richter nun zu dem Schluss, dass die Verwendung von Informationen, die in einem Strafverfahren übermittelt wurden, nicht von vornherein unzulässig sei, auch wenn primäre Rechtshilfe an einen Untersuchungsausschuss nicht möglich sei. Außerdem untersuche der Ausschuss nicht politische Delikte, sondern versuche, die politischen Umstände von Fällen zu klären.
Die Äußerungen von Exkanzler Helmut Kohl (CDU) zum Umgang mit ihm in der Spendenaffäre bewertete Neumann gestern als eine „ausgesprochen peinliche“ Stellungnahme Kohls. Dieser hatte in einem ZDF-Interview die Boykottaufrufe aus der SPD zu Beginn seiner Sammelaktion für die CDU-Kasse mit der Boykottierung jüdischer Geschäfte während der Zeit des Nationalsozialismus verglichen. Neumann sagte, das erinnere ihn an den Missbrauch jüdischer Mitbürger in der hessischen CDU-Spendenaffäre. Gelder aus schwarzen Kassen waren damals als Vermächtnisse jüdischer Gönner ausgegeben worden. KARIN NINK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen