: Konsens oder Krach: Finden die Grünen eine Zukunft?
Heute beginnt der Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen. Erstes großes Thema: Der Atomkonsens zwischen Regierung und Stromkonzernen. Ganz neu: Joschka Fischer stellt sich der Basis zur Wahl
BERLIN taz ■ Auf dem Parteitag der Bündnisgrünen in Münster wird heute ein grünes Geschichtsmäntelchen wehen. Nichts anderes als einen „Wendepunkt“ (Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer) nach 13 Wahlen mit Stimmenverlusten seit Anfang 1998 erwartet die Partei von sich selbst. Rund 750 Delegierte werden sich unter dem Motto „Neue Energie ist Grün“ als Erstes dem vor einer Woche zwischen rot-grüner Regierung und der Stromwirtschaft vereinbarten Atomkonsens widmen.
Zwar stellten 110 Grüne, darunter das Bundsvorstandsmitglied Angelika Albrecht, die Bundestagsabgeordnete Annelie Buntenbach und diverse Landesvorsitzende, gestern in Berlin einen Antrag vor, den Atomkonsens abzulehnen. Denn die darin vereinbarte Restlaufzeit für die deutschen Atomkraftwerke verstoße nicht nur gegen den Koalitionsvertrag, sondern auch „gegen die atompolitische Glaubwürdigkeit der Partei“. Doch dass sich für dieses Protestpapier auch nur eine nennenswerte Minderheit finden wird, ist so gut wie ausgeschlossen.
Neben dem Bekenntnis zum Atomkonsens wird vom Parteitag vor allem eines erwartet: eine Neuwahl der gesamten Führungsspitze. Für den Bundesvorstand kandidieren Renate Künast aus Berlin, Fritz Kuhn aus Baden-Württemberg und die Hamburgerin Antje Radcke, die bereits angekündigt hat, ein Ja zum Atomkonsens bedeute ihren Rückzug von der Kandidatur.
Ein weiterer Top-Act: Joschka Fischer wird sich erstmalig der Partei zur Wahl stellen und kandidiert für den auf 16 Sitze zusammengeschrumpften Parteirat. In Einzelgesprächen war der nie von der „Basis“ bestätigte „virtuelle Parteivorsitzende“ vom Führungspersonal bekniet worden, das Parteivolk ihn endlich legitimieren zu lassen. Mit Erleichterung begrüßte Kuhn daher die am Mittwoch bekannt gewordene Kandidatur Fischers.
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