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Der frohe Vermarkter

Die KirchGruppe hat die europäischen Fernsehrechte für dieWM 2006. Die Fifa-Entscheidung lässt ihre Kassen lauter klingeln

BERLIN taz ■ „Wir freuen uns auf ein großes Fußballfest“ – ganz neutral kam gestern die Tageslosung der KirchGruppe nach der WM-Entscheidung daher. Ganz neutral gab sich auch Kirch-Sprecher Johannes Schmitz: „Wir sind keine Politiker, wir sind Vermarkter“, und damit das auch ganz klar wurde, wiederholte er es noch ein paarmal.

Insgeheim sitzt die Freude aber um einiges tiefer, und diverse Hände düften gestern am Kirch-Firmensitz in Unterföhring bei München gerieben worden sein: Schließlich bezahlen der Medienkonzern und sein Partner, der Sportvermarkter ISL, die Rekordsumme von 3,4 Milliarden Mark für die Übertragungsrechte der nächsten zwei Weltmeisterschaften. Dass die WM 2006 nun in Deutschland stattfindet, macht die Investition für Kirch noch deutlich lukrativer. Zum einen ist so die Teinahme der deutschen Nationalelf nebst Spitzenquote garantiert. Zum anderen vermarktet der Rechtehändler das Fußballereignis in ganz Europa (für den Rest des Globus ist ISL zuständig) –„je näher dran, desto besser“ gilt in der Branche längst nicht nur wegen wegfallender Zeitverschiebungen. „Natürlich nimmt das allgemeine Interesse zu, wenn die WM in unmittelbarer Nachbarschaft stattfindet“, gab am Tag vor der Entscheidung Kirchs Sport-Geschäftsfüher Stefan Ziffzer der Berliner Zeitung zu Protokoll.

Und plötzlich findet man auch bei Kirch warme Worte für den jüngsten EM-Quotenerfolg bei ARD und ZDF, obwohl doch vor allem der hauseigene Fußballsender Sat.1 Federn lassen musste: „Wer hätte gedacht, dass selbst Vorrunden-Spiele höhere Quoten bringen als Spitzenspielfilme“, frohlockt Schmitz.

Ein gutes Omen also. Aber: „Auf die Vergabe der Fernsehrechte“, so Kirch-Vorstand Dieter Hahn, „hat die Entscheidung keine unmittelbaren Auswirkungen.“ Man rede in Sachen 2002 in der Tat gerade mit allen Sendern inklusive der öffentlich-rechtlichen, sagt Schmitz, und werde das auch für 2006 so halten.

Dass sich Kirch aber die einmalige Chance entgehen lässt, das Potenzial der gerade geschaffenen Free-TV-Senderfamilie und ihrer Bezahlfernseh-Verwandschaft zu nutzen, wäre undenkbar: Im Verbund mit den Bundesligarechten sind die beiden Weltmeisterschaften Faustpfand für den Aufschwung der nicht eben florierenden Pay-Plattform Premiere World. Und so wird die WM 2006 zum hausinternen Verrechnungsmodell. STEFFEN GRIMBERG

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