: Wann darf die Gewoba an die Börse?
■ SPD will staatlichen Einfluss auf die Gewoba-AG bewahren / Aber dann kann die Gewoba nicht an die Börse, und das schadet dem Unternehmen / Wer saniert die Krause-Wohnungen in Tenever?
Mitte August steht der nächste Zwangsversteigerungstermin für die „Krause-Wohnungen“ in Tenever an. Das Ritual fand im September 1998 erstmals statt, zuletzt wurde es am 18. Februar 2000 wiederholt: 353 Sozialwohnungen zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten ... Aber niemand wollte bisher die zweistellige Millionensumme zahlen, die die Gläubiger-Bank „Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank AG“ (DG Hyp) fordert.
Wohnungsbaupolitisch ist der Fall ein Sprengsatz. Deshalb setzte die Parteibasis der SPD sich seit langem dafür ein, dass die Stadt sich da engagiert, wo Private es unrentabel finden. Diesmal soll bis zu dem neuen Versteigerungstermin alles klar sein: Für die Stadt soll sich die Tochter für unrentable Beteiligungen, die BIG, des Falles annehmen. Die Stadt will gleichzeitig die Gewoba, derzeit befinden sich noch 74 Prozent des Aktienkapitals in öffentlicher Hand, ins Engagement zwingen. Nach einem dritten Investor wird gesucht. Das ist aber noch offen. Es gebe bisher nur Planspiele, was dieses Konsortium – kommt es denn zustande – dann machen wird, sagt der Sprecher der Baubehörde zu Meldungen über einen möglichen Abriss von Wohnblocks. Entschieden sei nichts.
Klar ist: In einzelne Gebäude ist so lange nicht investiert worden, dass eine Sanierung teurer wäre als ein Abriss und der Neubau.
Aber soweit ist es noch nicht, denn der „dritte“ im Bunde ist dem Vernehmen nach gerade abgesprungen. Auch die Gewoba findet die Verpflichtung rein unternehmerisch bisher nicht überzeugend. Der von der Bank verlangte Kaufpreis für die Krause-Wohnungen ist zu hoch und macht das Problemkind unrentierlich.
Kann man von der Gewoba verlangen, sich an einer städtebaulich sinnvollen, aber unrentablen Sache zu beteiligen? Seitdem die Gewoba als Aktiengesellschaft organisiert ist, ist dies rechtlich nicht möglich, auch wenn zwei Drittel der Aktien noch in der öffentlichen Hand liegen. Eigentlich hatte die große Koalition längst beschlossen, dass die Gewoba eine richtige Aktiengesellschaft werden soll: „Verbindlich“ hat die Bürgerschaft mit Beschluss vom 15. Mai 1997 die kommunale Firma Hibeg ermächtigt, die ihr übertragenen 24,2 Prozent des städtischen Aktienkapitals bis spätestens 2001 „vorab den Mietern anzudienen“ und dann an der Börse zu platzieren. Das ist bis heute nicht passiert. „Der Beschluss der Bürgerschaft ist so nicht umsetzbar“, sagt Joachim Schuster, SPD-Haushaltspolitiker. Und das aus einem schlichten Grund: Ein Unternehmen kann nur an die Börse gehen, wenn mindestens 25 Prozent der Aktien platziert werden. Wenn die Stadt aber 25 Prozent abgeben würde, dann würde der verbleibende Anteil unter die 50 Prozent-Marke rutschen. „Wir wollen zum Zwecke der Kapitalerhöhung an die Börse“, sagt Vorstand Werner Teetz. Wenn die Stadt die Kapitalerhöhung nicht mitmacht, sinkt dadurch der kommunale Anteil.
Ohne diese Zusammenhänge zu ahnen, hatte der Ortsverein Gartenstadt-Vahr der SPD Ende Juni beim Landesparteitag einen Beschluss eingebracht, nach dem bis auf Weiteres keine Gewoba-Anteile der Stadt verkauft werden sollen.
„Unser Antrag bezieht sich auf alle Gewoba-Anteile“, bekräftigt die Ortsvereinsvorsitzende, die Rechtsanwältin Inge Hergert – also auch die bei der staatlichen „Hibeg“ liegenden. Am 18. November, wenn über die Sanierungsstrategie insgesamt und weitere Vermögensveräußerungen auf einem Sonderparteitag beraten wird, werde über das Gewoba-Thema wohl noch einmal geredet werden müssen.
Die grüne Aufsichtsrätin Karoline Linnert nimmt kein Blatt vor den Mund: Das Verhalten des Hauptaktionärs im Aufsichtsrat, so ihre Überzeugung, schadet den Interessen des Unternehmens. K.W.
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