: Regierungskorb für den Verbraucherschutz
Wirtschaftsministerium kürzt Zuschüsse für Stiftung Warentest um 40 Prozent. Stiftung: Das gefährdet die Unabhängigkeit. Internetangebot soll ausgebaut werden – aber kostenpflichtig
BERLIN taz ■ Die Stiftung Warentest sieht ihre Arbeit elementar gefährdet: „Tests, deren Durchführung primär im gesellschaftlichen Interesse liegt, werden wir künftig nicht mehr machen können“, sagte Werner Brinkmann, Vorstand der Stiftung, gestern in Berlin. Die Mitarbeiter sehen das „einzige Kapital“ der Stiftung gefährdet, ihre Unabhängigkeit. Grund für den Alarmruf: Seit 1988 war der Zuschuss von 13 Millionen Mark jährlich konstant geblieben. Der soll nun laut Haushaltsplan 2001 auf acht Millionen sinken.
Die zu streichenden fünf Millionen machen zwar nur knapp fünf Prozent des Warentest-Budgets aus, fast neunzig Prozent erwirtschaftet die Stiftung selber. Doch streiche man den Zuschuss zusammen, müsse man bei jedem Test darauf achten, ob die Ergebnisse gut verkauft werden können – Rollstühle etwa blieben zukünftig ungeprüft, meint Brinkmann.
Das Bundeswirtschaftsministerium kommentierte die Mittelkürzungen gestern nur lapidar: „Es ist Aufgabe der Stiftung Warentest, diese Kürzung auszugleichen.“ Doch die verweist darauf, dass sie 1999 bereits drei Millionen Mark bei Vertrieb und Produkttests gestrichen habe. Mehr sei nicht machbar.
Betriebsratsvorsitzender Michael Koswig forderte, die zu testenden Produkte müssten weiterhin anonym gekauft und nicht von den Anbietern gesponsert werden. Er warf der rot-grünen Bundesregierung vor, in ihrer Koalitionsvereinbarung den Verbraucherschutz hoch zu halten, die Stiftung Warentest aber „kaputtzusparen“. Jella Teuchner, verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, gibt sich optimistischer. Einerseits seien noch zwei Millionen Mark im Bundeshaushalt vorhanden, die umgeschichtet werden könnten. Dann wären nur noch drei Millionen einzusparen. Andererseits solle die Stiftung keine Informationen mehr kostenlos herausgeben. Das Internet-Angebot mit den Testergebnissen etwa solle nur gegen Bezahlung zugänglich sein. Dumm nur, dass es bisher keine ausreichend verbreitete Möglichkeit zur Zahlung im Netz gibt.
MATTHIAS SPITTMANN
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