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Tony Blair wieder gesund

Mammutinvestitionen sollen das marode britische Gesundheitswesen auf Trab bringen, verspricht der Premier. Ärzte und Alte sind von den Plänen nicht begeistert

DUBLIN taz ■ Wahlversprechen sind billig. Ihre Umsetzung ist es nicht. Das hat jetzt auch der britische Premierminister Tony Blair gemerkt, der am Donnerstagabend beim letzten Sitzungstag des Unterhauses vor der Sommerpause seine Pläne für eine Reform des Gesundheitswesens vorstellte. In den kommenden drei Jahren sollen 13 Milliarden Pfund (40 Milliarden Mark) investiert werden, um ein „Gesundheitssystem für das 21. Jahrhundert“ zu schaffen.

Blair, der die Reform zur Chefsache erklärt hatte, versprach 20.000 zusätzliche Krankenpfleger binnen fünf Jahren, 7.500 Fachärzte und 2.000 Allgemeinärzte. Bis 2010 sollen hundert neue Krankenhäuser gebaut werden. In drei Jahren stehen, so hofft Blair, 7.000 Krankenhausbetten mehr zur Verfügung. Das will er erreichen, indem die „Bettblockierer“ – alte Menschen, die pflegebedürftig sind – in Pflegeheime verlegt werden. In diesem Bereich sollen 5.000 neue Plätze geschaffen werden.

Blair garantierte, dass Patienten ab 2004 innerhalb von 48 Stunden einen Termin bei ihrem Allgemeinarzt bekommen. Für Operationen soll die Wartezeit bis 2008 von derzeit bis zu 18 Monaten auf drei Monate verkürzt werden. Wenn eine Operation abgesagt wird, hat der Patient das Recht, innerhalb von vier Wochen auf Staatskosten privat operiert zu werden. In der Notaufnahme soll die Wartezeit bis 2004 nicht mehr als vier Stunden betragen.

Blairs Reform sieht eine Aufwertung des Pflegepersonals vor: Künftig sollen Krankenschwestern und -pfleger Kliniken leiten und Arzneimittel verschreiben dürfen. Krankenhäuser sollen sauberer und das Essen genießbarer werden.

Zum ersten Mal, seit Labour vor 52 Jahren das rein staatliche Nationale Gesundheitssystem (NHS) gründete, wird der private Sektor eingebunden. In 20 neuen Privatkrankenhäusern sollen 500.000 Routineoperationen im Jahr an Kassenpatienten durchgeführt werden. Neu eingestellte NHS-Ärzte dürfen jedoch sieben Jahre lang nicht privat arbeiten; die konservative Premierminister Margaret Thatcher hatte NHS-Ärzten erstmals erlaubt, außerhalb ihrer Arbeitszeit privat zu praktizieren. Dies missfällt dem Ärztebund: Sein Vorsitzender Ian Bogle sagte, dass dadurch viele Ärzte ganz aus dem NHS gedrängt würden.

Die meisten Organisationen für alte Menschen sind mit Blairs Plänen ebenfalls nicht einverstanden. Zwar soll die langfristige Krankenpflege kostenlos sein, nicht jedoch die persönliche Pflege – für Waschen, Füttern und Katheter müssen die Alten entgegen der Empfehlung einer Regierungskommission vom vergangenen Jahr also bezahlen. Ein Sprecher von „Help the Aged“ sagte, ältere Menschen seien „bitter enttäuscht“. Die Labour-Hinterbänkler dagegen haben ihren Premierminister schon lange nicht mehr so gefeiert wie jetzt, als Blair „das Gesundheitssystem, um das uns die Welt beneiden wird“, vorstellte. RALF SOTSCHECK

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