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Angst in der Jüdischen Gemeinde

Nach den jüngsten rechtsradikalen Übergriffen ist die Verunsicherung unter den Juden der Stadt gestiegen. Anders als Mitte der 90er-Jahre herrscht nun das Gefühl vor, selbst bedroht zu sein. Einige Mitglieder wollen spät abends nicht mehr vor die Tür

von PHILIPP GESSLER

Die jüngsten rechtsradikalen Übergriffe haben zu einer starken Verunsicherung unter den Jüdinnen und Juden in der Stadt geführt. Er habe während seines Urlaubs in New York auf sein Handy mehr als 30 Anrufe von Gemeindemitgliedern bekommen, die sich besorgt über die gegenwärtige Entwicklung gezeigt hätten, sagte der Gemeindevorsitzende Andreas Nachama. Immer wieder sei er gefragt worden, wie man die rechtsradikale Terrorwelle einzuordnen habe. Er habe stets nur darauf verweisen können, dass viele andere Gemeindemitglieder ebenso verunsichert und besorgt seien, sagte der Gemeindechef.

Nachama erinnerte an den Beginn der Terrorwelle, den Düsseldorfer Bombenanschlag und seine Warnung nach dem Bombenanschlag auf das Grab des früheren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, im Dezember 1998. Damals hatte Nachama seine Besorgnis geäußert, dass man dort, wo man mit Dynamit Gräber sprenge, auch bald eine Bombe gegen Menschen einsetzen werde. Vor drei Wochen hatten Unbekannte mit einer Weltkriegshandgranate in Düsseldorf vor allem Übersiedler jüdischer Religion aus der früheren Sowjetunion verletzt.

Was die Gemeindemitglieder besonders verunsichert, ist Nachama zufolge die Tatsache, dass es weder bei den genannten beiden Bombenanschläge noch einem Molotowcocktailfund auf dem jüdischen Friedhof in Weißensee im Oktober vergangene Jahres irgendeine heiße Spur auf die Täter gegeben habe. Nötig sei jetzt, sowohl die Ausstattung der Polizei wie die außerschulische Betreuung von Heranwachsenden etwa in Jugendclubs zu verbessern. Auf beiden Feldern sei schon seit Jahrzehnten zu viel Geld gestrichen worden. Die Gemeinde selbst habe in den vergangenen Monaten versucht, ihre Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken. Damals hätten manche diese Vorsorge als übertrieben empfunden, heute sei man froh, es getan zu haben.

Auch Mario Offenberg, der Vorstandssprecher der kleineren, orthodoxen jüdischen Gemeinde „Adass Jisroel“, beklagte angesichts der rechtsradikalen Gewalt eine zunehmende Verunsicherung unter seinen Gemeindemitgliedern. Während man noch bei ähnlichen Terrorwellen Anfang und Mitte der 90er-Jahre gedacht habe, dies seien lediglich „isolierte Ausbrüche“ von Gewalt, die einen nicht direkt beträfen, habe jetzt das Gefühl der „persönlichen Bedrohung“ zugenommen. Viele Gemeindemitglieder glaubten nun: „Es kann überall passieren.“

Dies äußere sich etwa darin, dass in seiner Gemeinde manche Furcht davor hätten, spät nach Hause zu gehen, sagte Offenberg. Immer wieder verunsicherten antisemitische Schmierereien die Gemeindemitglieder. Manche hätten nun Angst, von ihren Nachbarn als Juden ausgemacht zu werden, andere wünschten, Poin den st von der Gemeinde nicht mehr mit leicht erkennbarem Absender zu erhalten.

Der Staat müsse angesichts dieser Verunsicherung aktiv werden und die Sorge seiner jüdischen Bürger aufnehmen. Angesichts eines fehlenden Aufschreis der Bevölkerung gegen die Terrorwelle müsse die Regierung deutlich machen: „Das ist auch unser Problem.“

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