Shoppen für die erneuerte CDU

Wie der Internethandel die Parteifinanzen der Christdemokraten retten soll

BERLIN taz ■ Wir befinden uns in Wiesbaden, dort, wo die Zukunft der CDU schon heute gemacht wird. Hier in Hessen eignen sich innovative Christdemokraten schon länger die Methoden der sozialen Bewegungen an. Und schmieden daraus noch mächtigere Waffen. Hier ersann Roland Koch vor einem Jahr seine Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, die den Kanzler das Fürchten lehrte.

Nun läuft eine neue außerparlamentarische Aktion made in Hessen: Ein Aufruf zum persönlichen Engagement gegen die Gedankenlosigkeit. Kristina Köhler (22), Kreisvorsitzende der Jungen Union in Wiesbaden, und Axel Nix (29), CDU-Stadtverordneter ebenfalls in Wiesbaden, brachten die außerparlamentarische Tat in die modernstmögliche Form: Sie erfanden den Einkauf zum Wohle der Partei.

Ihre Misson: „Einen Beitrag zur Stärkung der erneuerten CDU leisten“. Heutzutage organisiert man so was natürlich im Internet. Auf der Seite www.CDU-Solidaritaet.de kann sich jeder aufrechte Christdemokrat engagieren, indem er Bücher, Kunst und CDs kauft – oder schöne Reisen bucht. Dazu haben Nix und Köhler Internetlinks auf die Einkaufsseiten von amazon.de, jpc.de, Lastminute-Express.de und anderen auf ihrer Website angeordnet. Jeder, der über die CDU-Soli-Seiten shoppen geht, bringt den beiden eine Provision der Onlinehändler ein, je nach Produkt zwischen 2 und 16 Prozent des Kaufpreises. Das Geld wird gesammelt und dann – abzüglich Kosten – an die Partei gespendet. Damit sollen die Löcher gestopft werden, die Kohl und Kanther mit ihren altmodischen schwarzen Kassen rissen.

Die Gelder gehen je zur Hälfte an die Kreisverbände und an die Bundes-CDU. „Die haben das begrüßt“, erzählte Kristina Köhler fröhlich. Gegenüber der taz äußerte sich die Parteizentrale dann doch nicht so überschwänglich. Dort war die Frage anfangs unangenehm und von „Prüfen“ die Rede. „Wenn das rechtlich in Ordnung ist“, hieß es, „werden wir das Geld annehmen.“ Inzwischen sind die ersten 100 Mark überwiesen.

Was man nicht kennt, macht eben Angst. Früher fürchtete man Blitz und Donner, heute das Internet. Auch ein paar Sozialdemokraten hat die Aktion so beeindruckt, dass sie prompt zum Boykott der beteiligten Onlinehändler aufriefen.

Dabei mangelt es der hessischen Aktion noch etwas an der gewohnten Brutalität. Lediglich 205,55 Mark sind in drei Monaten zusammengekommen – trotz Hinweisen in Parteipostillen. Offenbar liegt den Christdemokraten der Versandhauskatalog doch näher als die Maus. Und auch Hessens Parteichef Roland Koch lässt sich leichter beim Lügen erwischen als beim Einkaufen im Web. MATTHIAS URBACH