Telekom trauert um T-Aktie

Bilanz nicht schlecht: Der Umsatz steigt. Aber teure Werbung von neuen Mobilfunkkunden drückt den Gewinn. Und der Aktienkurs sinkt weiter, trotz „sorgfältigster Prüfung“ aller Schritte

von REINER METZGER

Millionen Kunden, Milliardengewinne und glänzende Perspektiven: Die Interessenten an der Halbjahresbilanz der Deutschen Telekom AG wurden gestern nicht enttäuscht. Und es ging auch um mehr als die neuesten Zahlen aus Deutschlands teuerstem Konzern – gemessen an den Aktien bringt es die DT AG derzeit auf weit mehr als 260 Milliarden Mark Börsenwert.

Der Umsatz steigt nach letztjährigen Preiskämpfen im Festnetz wieder und lag im ersten Halbjahr mit einigen neuen ausländischen Tochterfirmen nun bei 19,2 Milliarden Euro. Der Auslandsumsatz hat sich nach diversen Aufkäufen auf 17 Prozent mehr als verdoppelt. Der Gewinn im Konzern stieg im Vergleich zum ersten Halbjahr 1999 um mehr als das 3,5-fache auf 4,3 Milliarden Euro, verkündete Vorstandschef Ron Sommer. Das klingt imposant, kommt aber vor allem aus Verkäufen an Beteiligungen. Im direkten Vergleich mit dem Vorjahr hingegen sank der Gewinn um 200 Millionen auf dann eher magere 700 Millionen Euro.

Die wesentliche Ursache für den Rückgang sieht die Telekom im Kampf um neue Mobilfunkverträge. Hier geht es um mehr Kunden als Ausgangsbasis für kommende Profite und nicht um den derzeitigen Gewinn. Gegenüber dem Jahresende konnten denn auch nach Konzernangaben über sieben Millionen neue Kunden im In-und Ausland gewonnen werden, so dass nun bei T-Mobile und ihren Tochterfirmen 23 Millionen Teilnehmer unter Vertrag stehen. Im ersten Halbjahr 2000 stieg die Zahl der neuen D1-Handyverträge in Deutschland um 4,3 Millionen.

Mehrmals in seiner Rede sprach Ron Sommer davon, dass der jeweilige Punkt „auf das Sorgfältigste geprüft“ worden sei – die kritisierten teuren Käufe von ausländischen Handyunternehmen, die 17 Milliarden teure Ersteigerung der UMTS-Handyfrequenzen. Doch die T-Aktie fällt weiter, gestern ein halbes Prozent auf 44,60 Euro. Das Kurshoch lag im März bei knapp über 100. Verloren haben jedoch nur Aktionäre, die spät eingestiegen sind. Der Ausgabekurs der ersten Tranche 1996 lag bei 28 oder 28,50 Mark, also bei etwa 14,40 Euro, einem Drittel des jetzigen Wertes.

Die Aktienbeobachter sorgen sich angesichts der steigenden Kosten für die Expansion im Telekom-Sektor um die Renditen der beteiligten Konzerne. Hier sind alle auf Spekulation angewiesen. Bei der Telekom herrscht ebenso Optimismus wie bei den Konkurrenten. Laut einer aktuellen Studie wird es 2010 allein in Deutschland 80 Millionen Mobilfunkanschlüsse geben, so gestern die Telekom. Und fast alle im neuen multimediafähigen und angeblich hoch profitablen UMTS-Standard. Zum Vergleich: Derzeit hat die Telekom nach eigenen Angaben 41 Millionen private Festnetzkunden plus 350.000 Betriebe.

Was haben nun die Kunden von den Akquisitionen? Bisher wenig. Irgendwann soll es laut Ron Sommer jedoch weltweit einheitliche Tarife geben. Für Europa sei das „schon bald“ in Sicht.

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