prozess in halle
: Der starke Rechtsstaat

Das Urteil ist gesprochen, und Deutschland ist zufrieden. Zu Recht. Die Mörder von Dessau haben eine angemessene Strafe erhalten. Und das Gericht hat gezeigt, dass auf die brutale Gewalt der Rechtsradikalen auch ohne Sonderstrafrecht adäquat reagiert werden kann. Noch mehr als andere Strafurteile ist daher die gestrige Entscheidung ein Symbol – in diesem Fall vor allem ein Symbol der Stärke des Rechtsstaats.

Kommentarvon CHRISTIAN RATH

Nur elf Wochen lagen zwischen Tat und Urteil. Schon durch die Schnelligkeit der Ermittlungen und der Prozessansetzung hat die Justiz ein Signal ihrer Entschlossenheit gesetzt. In die gleiche Richtung zielte auch die Übernahme der Anklage durch die Bundesanwaltschaft. Diese drückte damit aus, dass derartige Terrortaten die innere Sicherheit Deutschlands bedrohen und weit mehr als ein lokales Problem darstellen.

Auch die verhängten Strafen machen deutlich, dass ein „Hate Crime“-Zuschlag in Deutschland nicht erforderlich ist. Die lebenslängliche Freiheitsstrafe ist bei Mord ohnehin unumgänglich, und mit neun Jahren Jugendstrafe blieb das Gericht bei den beiden 16-Jährigen nur ganz knapp unterhalb der gesetzlich möglichen Höchststrafe.

Wichtig ist aber vor allem, dass die Täter nicht mit ihrer Einlassung durchgekommen sind, sie hätten Alberto Adriano gar nicht töten wollen. Wer mit schweren Schuhen gegen den Kopf eines Wehrlosen tritt, nimmt damit „billigend“ in Kauf, dass das Opfer stirbt. Auch wer es nicht offen auf eine Tötung anlegt und nur „na, wenn schon“ denkt, hat den entsprechenden Vorsatz. Das Naumburger Gericht hat hier nur die üblichen Regeln des Strafrechts angewandt.

Zugleich wurden die Angeklagten aber nicht nur zum Objekt staatlicher Strafdemonstration. Indem der Vorsitzende Richter Albrecht Hennig die Täter bei der Urteilsbegründung direkt ansprach und versuchte, ihnen Begriffe wie Menschenwürde zu erläutern, machte er den gesellschaftlichen Dialog deutlich, der mit den rechten Schlägern und ihrem Umfeld zu führen ist.

Eine kurze Ansprache im Gerichtssaal kann hier allerdings nur der Anfang sein. Je mehr rechte Gewalttäter hinter Gefängnisgittern verschwinden, desto drängender wird sich die Frage stellen, was dort mit ihnen geschieht. Zumindest die beiden Jugendlichen werden in einigen Jahren wieder in Freiheit leben. Die Haft allein wird nur wenig ändern.