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Barak will Einheitskoalition

Pläne für neue Besetzung des Westjordanlands und Abtrennung von Teilgebieten

JERUSALEM taz ■ Die israelische Armee in die „notwendigen Sicherheitszonen“ im Westjordanland zu schicken, ist eine der Bedingungen, an die Oppositionsführer Ariel Scharon sein Zusammengehen mit Premierminister Ehud Barak in einer Regierung der Nationalen Einheit knüpft. Durch die Stationierung israelischer Soldaten im Jordantal, in der judäischen Wüste und im westlichen Samaria soll jeder Versuch der Palästinenser unterbunden werden, die Kontrolle über das Land zu gewinnen.

Am Montag wurden die Koalitionsverhandlungen offiziell aufgenommen. Grundsätzlich sind Barak und Scharon über ein Zusammengehen einig, Barak will auch die Parteien Schas, Meretz, die National-Religiösen und die antireligiöse Schinui in die Regierung einbinden.

Die Koalitionspläne des Regierungschefs stoßen auf heftige Kritik aus den eigenen Reihen. Justizminister Jossi Beilin berief – auch als Reaktion auf die von Barak am Wochenende beschlossene Aussetzung des Friedensprozesses – am Abend eine Sitzung der Gegner einer Einheitskoalition ein.

Mit Ariel Scharon im Kabinett wäre eine Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den Palästinensern praktisch ausgeschlossen. Scharon fordert die Fortsetzung der derzeitigen Interimsphase ohne zeitliche Beschränkung. Auf eine einseitige Ausrufung des Staates Palästina müsse Israel mit der einseitigen Abtrennung von Teilen der Gebiete reagieren.

Ein von Barak eingesetztes Team unter der Leitung von Vizeverteidigungsminister Efraim Sneh arbeitet bereits an möglichen Regelungen für eine solche Trennung zwischen Israel und den Palästinensern. Eine durchlässige Grenze soll es geben, mit sechs bis acht Grenzübergängen, über die Waren transportiert werden und Zivilisten einreisen können. Dabei geht es vor allem um die Ausfuhr von israelischen Gütern in die Palästinensergebiete, die Beschäftigung von palästinensischen Arbeitnehmern soll hingegen dauerhaft eingedämmt werden. Das Arbeitsministerium in Jerusalem prüft derzeit die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen an illegale Arbeitskräfte, vor allem aus Fernost, um so Arbeitsplätze auszufüllen, die bislang von Palästinenser besetzt sind.

Die palästinensische Seite verurteilt diese israelischen Überlegungen. Von einem „Plan andauernder Belagerung“ spricht Jibril Rajoub, Chef des palästinensischen Sicherheitsdienstes. Die palästinensische Wirtschaft ist stark von Israel abhängig. Etwa 25 Prozent des Bruttosozialproduktes werden, Berichten zufolge, von den Arbeitern im Kernland eingebracht. Israel würde bei einer Trennung dagegen nur rund ein Prozent des Bruttosozialproduktes einbüßen.

Dennoch glauben Experten, dass der Trennungsplan kaum umzusetzen sein wird. „Man müsste Teile des Landes, auf denen die Siedler leben, annektieren und andere evakuieren“, glaubt Schlomo Gasit, der lange Jahre Koordinator der Besatzungsverwaltung war. „Unter den gegebenen Umständen ist eine Trennung unmöglich.“

SUSANNE KNAUL

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