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NPD-Verbotsantrag: Die Bundesländer spuren nicht

Der Widerstand gegen einen NPD-Verbotsantrag formiert sich: Bundesländer, in denen die FDP an der Regierung beteiligt ist, wollen nicht zustimmen

FRANKFURT taz ■ Wenn am Donnerstag die Innenminister der Länder zu einer Sondersitzung wegen des NPD-Verbots zusammenkommen, werden drei Länder entweder dagegen stimmen oder sich enthalten.

In den Ländern Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz stemmt sich die jeweils mitregierende FDP gegen ein NPD-Verbot. Sehr zum Unmut von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD): Er wollte seinen angekündigten Gang vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gerne mit einer möglichst einstimmigen Bundesratsentscheidung für einen Verbotsantrag im Rücken antreten.

Nach einer Präsidiumssitzung und einer Sitzung des Parteivorstands gab FDP-Parteichef Wolfgang Gerhardt gestern in Berlin bekannt, dass auch die stellvertretenden Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Hessen, Walter Döring und Ruth Wagner, einen Verbotsantrag gegen die NPD beim Bundesverfassungsgericht nicht mittragen. Weil Ministerpräsident Roland Koch (CDU) in Hessen auch gegen ein Verbot der NPD ist, wird sein Land in der entscheidenden Bundesratssitzung wohl mit „Nein“ stimmen. Für die rheinland-pfälzische FDP gab Rainer Brüderle gestern die Erklärung ab. Für den Fall, dass sich die Landesregierung nicht über Gegenstimme oder Enthaltung einigen kann, sieht der rheinland-pfälzische Koalitionsvertrag vor, dass die Entscheidung ausgewürfelt werden muss.

Und Baden-Württemberg? Dort ist die Entscheidung, ob sich das Land enthalten oder gegen den Verbotsantrag stimmen wird, noch nicht gefallen. Wie FDP-Sprecher Martin Kothé gestern gegenüber der taz erklärte, hielten die Liberalen das bislang vorgelegte Material, mit dem der NPD-Verbotsantrag in Karlsruhe begründet werden soll, für „nicht ausreichend“. Die Niederlage dort sei vorprogrammiert.

Ein Parteienverbot tangiere zudem die „libertäre Grundhaltung“ vieler Mitglieder der FDP und werde deshalb auch grundsätzlich abgelehnt, so Kothé weiter. Gerade die Ländervertreter hätten auf der Präsidiumssitzung auch darauf hingewiesen, dass die prognostizierte lange Laufzeit für einen Verbotsantrag gegen die NPD der rechtsradikalen Partei noch mehr Zulauf bescheren würde, weil die Partei dann ständig in den Medien auftauchte. Letztendlich hätten auch die „Republikaner“ und die DVU den Nutzen davon. Diese rechtsradikalen Parteien könnten sich dann als „ungefährlich“ gerieren, denn gegen sie laufe ja noch kein Verbotsantrag.

Der bayerische Innenminister Beckstein als Mitinitiator des Verbotsantrags glaubt allerdings noch fest daran, dass es im Bundesrat eine Mehrheit für den Antrag geben wird. Es sei „keine Katastrophe“, wenn das eine oder andere Land dagegen stimmt“, sagte er im Südwestrundfunk. Mehrheitsbeschlüsse seien im Bundesrat „durchaus üblich“.

Unterdessen kündigte der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) in Berlin an, er wolle gemeinsam mit seinem bayerischen Amtskollegen Edmund Stoiber eine Bundesratsinitiative für ein NPD-Verbot starten.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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