Sparkasse kündigte rechtes Konto

■ Rechtsradikaler Musikvertrieb kann nicht mehr über die Sparkasse seine Geschäfte abwickeln / Leipziger Urteil: NPD-Konten dürfen nicht gekündigt werden

Springerstiefel und rechtsradikale Songs gibt es bei Hanse-Records nur noch gegen Vorkasse. Auf der Homepage der Bremer Vertriebs-Firma, auf der vor vier Wochen noch ein Konto bei der Bremer Sparkasse als Bankverbindung angegeben war, fehlt dieser Hinweis inzwischen. Nachdem die taz im Zusammenhang der Diskussion um NPD-Konten auf den Musikvertrieb hingewiesen hatte (vgl. taz 31.8.), prüfte die Rechtsabteilung der Sparkasse den Fall und kündigte das Konto mit Hinweis auf Rechtsradikales und Aufrufe zur Gewalt. Weitere Erläuterungen gegenüber der taz gab es bei der Bremer Sparkasse dazu nicht mit der Begründung, man gebe aus „Datenschutzgründen keine Auskünfte über Kunden“. Offenbar hat aber Hanse-Records die Kündigung akzeptiert.

Die grundsätzliche Haltung der Sparkasse zu ihren NPD-Konten hat sich dadurch nicht geändert: „Bei einer Partei, die nach wie vor aus Steuergeldern finanziert wird, halten wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Aufkündigung von Geschäftsbeziehungen nicht für den richtigen Weg“, erklärte die Sparkasse.

Gekündigt werden sollten aber Konten, wenn es „Anzeichen von strafrechtlich relevantem Verhalten geben sollte“. Auf der Internet-Seite von Hanse-Records fanden die Sparkassen-Surfer jede Menge rechtsradikaler Musik und Links. Da konnte man Hess-Plakate bestellen und sich mit dem „Club 88“ solidarisieren.

Bestehende NPD-Konten würden bleiben, nur neue Konto-Anträge werde man ablehnen, meinte damals Wolfgang Götz, der Leiter der Rechtsabteilung der Sparkasse. Mit dieser Position hatte der Jurist offenbar die geltende Rechtslage besser interpretiert als die Hausjuristen der Leipziger Sparkasse. Die kündigten ihre NPD-Konten und zogen Anfang Oktober vor dem Landgericht den Kürzeren. Der frühere Apo- und RAF-Aktivist Horst Mahler, der die NPD ideologisch und auch als Anwalt vertritt, hat eine einstweilige Verfügung des Landgerichtes Leipzig erreicht, nach der der Kontokündigung „der Makel der Sitten- und Treuwidrigkeit“ anhafte. Bankinstitute dürfen nicht eine Partei durch Verweigerung einer Kontoverbindung darin behindern, an der demokratischen Meinungsbildung mitzuwirken. Die NPD will sogar „Schadensersatzansprüche“ prüfen. „Erwartungsgemäß hat der Rechtsstaat gesiegt“, freute sich die NPD nach dem gerichtlichen Erfolg.

Die Bremer Sparkasse will erst dann, wenn ein Verbotsantrag mit Aussicht auf Erfolg gegen die NPD vorliegt, ihre NPD-Konten kündigen. Dieser steht allerdings in den Sternen. Die NPD triumphiert, dass ein Verbotsverfahren für die Repräsentanten der BRD „zu einer unerfreulichen Veranstaltung“ werden könnte. Der Jurist und FDP-Politiker Guido Westerwelle hat das von den Verfassungsschutz-Ämtern für das Verbotsverfahren zusammengetragegene Material gesichtet und glaubt seitdem nicht an den Erfolg eines Antrags auf Verbot der NPD. Das Material der Bund-Länder-Kommission nennt Westerwelle „erschreckend dünn“. Die Geheimhaltung des Papiers sei lediglich eine Schutzmaßnahme, da das Innenministerium eine öffentliche Diskussion fürchte, sagte Westerwelle. Er als Jurist glaube, dass das Karlsruher Bundesverfassungsgericht die Messlatte für ein Verbot deutlich senken müsse, damit der Antrag eine Chance habe. Seine Ablehnung des Verbotsantrages habe aber nichts damit zu tun, dass er die NPD für eine „widerliche Partei“ halte.

Auch ein Geheimpapier des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz kommt zufolge eines Berichts der Welt zu dem Ergebnis, dass ein Verbotsantrag gegen die rechtsextremistische NPD als unbegründet abgewiesen werde könne. K.W.

(vgl. auch Seite 2)