: Die Revolution im Heizungskeller
„Mikrokraftwerke“ stehen vor dem Durchbruch: Als Automotoren oder Strom erzeugende Heizungsanlagen im Haus erobern kompakte Powerpakete wie Brennstoffzellen oder Blockheizkraftwerke den Markt. Auto- und Energiekonzerne denken um
von AXEL BOJANOWSKI
„Kleiner ist besser“ ist der neue Trend in der Energiewirtschaft . Gestern verkündete der US-Ölmulti Exxon Mobil, zusammen mit den Autobauern Toyota und General Motors an der Entwicklung der Brennstoffzelle für Automotoren zu forschen. Kraftwerksbauer ABB und der Anlagenbauer Vaillant konzentrieren sich inzwischen auf kleine Kraftwerke. Und das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestags urteilte zum Jahresende, die Brennstoffzelle im Keller sei aus Umweltsicht den konventionellen Energiesystemen überlegen.
Weltweit sind „Mikrokraftwerke“ im Kommen: handliche Brennstoffzellen, kühlschrankgroße Blockheizkraftwerke und andere kleine Anlagetypen, die verschiedene Energieträger in Strom und Wärme verwandeln. Besitzer von Einfamilienhäusern oder Kleinunternehmen könnten sich damit unabhängig von Großkraftwerken machen. „In fünf Jahren wird jeder sein eigenes Kraftwerk im Baumarkt kaufen können“, sagt Karl Yeager vom E-lectric Power Research Institute (Epri) in Kalifornien.
Einsatzbereit sind derzeit vor allem Mikroturbinen, die mit Erdgas gefüttert werden und gleichzeitig Strom und Wärme produzieren (Kraft-Wärme-Kopplung). ABB hat ein Modell entwickelt, das 100 Kilowatt elektrische Energie und 167 Kilowatt Heizwärme mit einem Wirkungsgrad von 80 Prozent erzeugt. Für Kleinabnehmer gibt es gasbetriebene Blockheizkraftwerke, die sich so programmieren lassen, dass sie während des Spitzenbedarfs eines Betriebesbesonders viel produzieren.
Große Erwartungen verbinden sich auch mit der Brennstoffzelle, die Strom und Wärme mit Hilfe eines chemoelektrischen Prozesses erzeugt und als Abgas lediglich Wasserdampf und kleine Mengen Stickoxid von sich gibt. Während kleinere und leistungsstärkere so genannte PEM-Zellen für Automotoren entworfen werden, bietet sich für den Heizungskeller auch die SOFC-Zelle (solid-oxid fuel cell) an. Das Schweizer Unternehmen Sulzer Hexis will in diesem Jahr mit 1-Kilowatt-Anlagen für Haushalte auf den Markt kommen. Die Firma Vaillant aus Remscheid will in drei Jahren Brennstoffzellen-Geräte für Mehrfamilienhäuser anbieten.
Die Industrie träumt davon, zwei Milliarden Menschen in der Dritten Welt mit solaren Kleinkraftwerken den bislang vermissten Strom zu liefern. Und auch das Stirling-Modul erlebt einen zweiten Frühling, seit es vor kurzem von der BHKW-Betriebs GmbH in Frankfurt am Main übernommen wurde. Die Geräte funktionieren ähnlich wie normale Brennstoffheizungen und lassen sich auch mit Biomasse antreiben. Die Wärme lässt einen Kolben – nur von Federn gehalten – auf raffinierte Weise in einer Magnetspule schwingen und induziert so Strom. Innerhalb eines Jahres soll die Technologie marktfähig sein – und nicht mehr kosten als gewöhnliche Heizanlagen.
Solcher Optimismus ist auch in anderen Chefetagen verbreitet. Der ABB-Konzern beispielsweise hat sich bereits vollständig aus dem Markt für Großkraftwerke zurückgezogen und bietet statt dessen Mikroturbinen-Generatoren an. Verkaufsziel für die kommenden Jahre: mehr als 10.000 Exemplare. Auch Firmen wie der Energieversorger RWE und Buderus planen Kleinkraftwerke in Wohnhäusern. Vaillant rechnet für das Jahr 2010 gar mit einem Absatz von 100.000 Anlagen. Neben sparsamer Energieverwendung hätten Mikrokraftwerke den Vorteil, dass Stromausfälle auf ein kleines Areal beschränkt blieben. Das sei, meint Yeager vom Epri, vor allem für die digitale Kommunikation bedeutsam; schon heute nutzen amerikanische Computerfirmen interne Stromnetze.
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