: Konkurrenzlos hieb- und stichfest
■ Bis vor Kurzem ein Tabu: Beim Eimsbüttler Turnverband fechten Frauen auch mit dem Säbel
Ein Hauch von feiner Gesellschaft liegt in der Luft, wenn die FechterInnen des Eimsbüttler Turnverbands (ETV) ihre Übungen machen. Männer und Frauen in weißen, wadenlangen Fechthosen stehen sich gegenüber. Eine Reaktionsübung: eine lässt den Handschuh fallen, der andere muss ihn fangen, bevor er den Boden erreicht. Eine Stunde lang machen sich die SportlerInnen warm, erst dann gehts erst auf die Planche.
Wobei Fechten nicht gleich Fechten ist, weil es davon drei Formen gibt: Florett, Degen und Säbel. „Bis vor 20 Jahren war Frauen nur das Florett erlaubt“, erklärt die Hamburger Landesmeisterin Frederieke Janshen. Mit dem Argument, die anderen Waffen wären zu hart und würden zu sehr weh tun, wurde den Sportlerinnen Degen und Säbel verwehrt. Doch während Frauen sich am Degen, der etwas schwerer als das Florett aber ebenso eine Stichwaffe ist, schon längere Zeit versuchen dürfen, ist das Säbelfechten in Deutschland erst seit kurzer Zeit für Frauen gestattet und als Olympische Disziplin noch nicht anerkannt.
Dabei, so Janshen, sei der Säbel die „feinste und lebendigste Waffe“ und erfordere die schnellste Beinarbeit. An der Spitze von Florett und Degen befindet sich ein kleiner Knopf, der nachgibt, wenn der Fechter einen Treffer setzt. Beim Säbel ist die Spitze abgerundet, er ist Hieb- und Stichwaffe zugleich, bei dem auch seitliche Streiftreffer zählen. Janshen: „Man kann damit kämpfen, ohne dass es gefährlich ist.“ Das Risiko sich zu verletzen sei dank schützender Kleidung „geringer als beim Fußball“.
Ihr gefalle der Säbel, weil er „nicht so akademisch ist wie Degen und Florett“, ergänzt Mannschaftskollegin Beate Langmaack. Auf der Planche, der 14 Meter langen Fechtbahn, bewegen sich die Frauen aufeinander zu. Die, die zuerst eine aggressive Angriffsbewegung macht, hat das Angriffsrecht und versucht, einen Treffer zu landen. Ist dies geglückt, so bringt der Kontakt der Klinge mit der mit kleinen Metallfasern durchzogenen Weste der Gegenspielerinnen eine Lampe zum Leuchten. Manchmal blinken beide Lampen am Melder auf. Die Schiedsrichterin entscheidet, wer das Angriffsrecht hatte und welcher Treffer daher zählt. In dem Moment, in dem der Angriff pariert wurde, hat dies nämlich schon gewechselt.
All dies geht blitzschnell und ist für LaiInnen kaum nachzuvollziehen. „Es ist schade, dass so wenig Fechten im Fernsehen gezeigt wird“, meint Beate Langmaack. Andernfalls wäre der Sport populärer und der ETV hätte auch ein paar mehr Säbelfechterinnen. Die kleine Gruppe von einem halben Dutzend Frauen, die sich seit zwei Jahren in dieser einstigen Männerdomäne behauptet, hat nämlich auf lokaler Ebene alle Wettkampf-Titel gewonnen. Es mangelt an Mitfechterinnen und Konkurrenz. Langmaack: „Es wäre schön, wenn mehr Frauen bei uns mitmachten.“
Wer nicht aufpasst, wird von den Eimsbüttler Sportlerinnen schon während des Zuschauens in Fechtausrüstung gesteckt. Übermäßig fit müsse man gar nicht sein, behauptet Frederieke Janshen. Eine der älteren Fechterinnen wäre gerade 60 Jahre alt geworden.
Allerdings ist die Ausrüstung nicht gerade billig. Ein günstiger Säbel kostet 100 Mark, hinzu kommen Hose, Handschuh, Brustschutz, Weste, Maske. Aber Anfängerinnen können hier auf den Fundus des ETV zurückgreifen. Der Verein erhebt fürs Fechten einen Monatsbeitrag von 36 Mark und hat auch eine Fechtgruppe für Kinder ab neun Jahren. Kaija Kutter
Kontakt für Interessierte Frauen: Frederieke Janshen 43 27-36 88, Beate Langmaack 24 00 39
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