: Politbanker auf dem Rückzug
Die deutschen Landesbanken galten lange als verlängerter Arm der Politik – nicht nur in Berlin. Doch andernorts hat das Umdenken in den Vorstandsetagen längst begonnen
Dubiose Immobiliengeschäfte? Verluste in Milliardenhöhe? Parteispezis auf Vorstandsposten? Was in Berlin derzeit Schlagzeilen macht, ist auch bei anderen Landesbanken nicht unbekannt. Mit ein paar feinen Unterschieden allerdings. Erstens wäre es selbst in den Düsseldorfer Gefilden des SPD-Genossen Friedel Neuber unvorstellbar, dass ein Banker zugleich als Fraktionschef aktiv Politik betreibt. Zweitens wächst andernorts die Einsicht, dass ein Politbanking alten Stils in Zeiten von Privatisierung und Wettbewerb nicht mehr zeitgemäß ist. Und drittens können Milliardenverluste bei anderen Landesbanken schon mal zu personellen Konsequenzen führen.
Jüngstes Beispiel: Erst in der vergangenen Woche kündigte Alfred Lehner, Chef der Bayerischen Landesbank, seinen vorzeitigen Rückzug an. 1999 war er als Aufsichtsrat der bayerischen Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft (LWS) in die Kritik geraten. Die LWS hatte bei Immobiliengeschäften in Ostdeutschland 500 Millionen Mark in den Sand gesetzt. Außerdem hatte sich die Landesbank-Niederlassung in Singapur mit wertlosen Aktien um 800 Millionen Mark prellen lassen. Die Risikokontrolle der Bank erwies sich als völlig mangelhaft.
Im Zuge der LWS-Affäre hatte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) noch vergeblich versucht, dem Banker die Schuld am Debakel in die Schuhe zu schieben. Zum jetzigen Zeitpunkt allerdings kommt dem Landesvater der Rückzug höchst ungelegen. Denn für seinen Plan, den CSU-Amigo Rudolf Hanisch auf den Chefposten zu schieben, ist die politische Großwetterlage derzeit nicht günstig. Nach dem personalpolitischen Schiffbruch in der BSE-Krise dürfte es Stoiber vorerst schwer fallen, seinen Politbanker gegen massive Widerstände durchzusetzen.
Die Münchner Banker haben also gute Aussichten, sich aus den Fängen der Politik zu befreien. Vorbei die Zeiten, in denen – wie in den Achtzigern – der damalige Bankpräsident Ludwig Huber zugleich als graue Eminenz der weißblauen Staatspartei agierte. Erst nach einem zähen Machtkampf mit den damaligen Parteigrößen Franz Josef Strauß und Max Streibl räumte Huber seinen Posten.
Professionellen Managern in dem auf Diskretion bedachten Bankgewerbe ist es ohnehin ein Graus, durch politische Verwicklungen immer wieder in die Schlagzeilen zu geraten. Auch in Berlin wird daher heftig darüber spekuliert, ob Landowsky womöglich bankintern zu einem Schritt genötigt wird, zu dem er sich unter politischem Druck nie bereit fand – den Posten bei der Bank zu räumen. Damit jedenfalls würde Landowsky, der stets über ein gutes Gespür für Stimmungen verfügt, voll im bundesweiten Trend liegen.RALPH BOLLMANN
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