: Lahmes Interesse an Fischer
Zahlte das Außenministerium der ehemaligen RAF-Frau Schiller in Montevideo Geld? Spitzfindige Fragen der Union verhallten vor leeren Bundestagsbänken
BERLIN taz ■ Ja, zweimal ist Geld geflossen. Nein, in keinem der beiden Fälle hat die frühere RAF-Terroristin Margrit Schiller davon profitiert, gibt Staatsminister Ludger Volmer Auskunft. „Hat die Bundesregierung seit 1998 direkt oder indirekt das Bert-Brecht-Institut in Montevideo finanziert?“, wollte der CSU-Abgeordnete Carl-Dieter Spranger in der gestrigen Fragestunde zur Vergangenheit von Joschka Fischer wissen.
Die Frage des früheren Entwicklungshilfeministers war symptomatisch für die Strategie der Unions-Opposition, Fischer doch noch Verwicklungen in schmähliche Taten nachzuweisen. Weil Schiller am Bert-Brecht-Haus gelegentlich als Sprachlehrerin arbeitet, so offenbar der Gedankengang der Union, würden staatliche Geldzahlungen offenbaren, dass Fischer seine angebliche Frühstücksgefährtin aus den 70er-Jahren bis heute subventioniert. Staatsminister Volmer, der Fischer vertrat, listete ungerührt die Summen auf: Von der deutschen Botschaft habe das Brecht-Haus im September 2000 einen Zuschuss von 500 Mark für ein Konzert erhalten, für ein Seminar der Rosa-Luxemburg-Stiftung in derselben Zeit seien 46.000 Mark bezahlt worden, 20.000 Mark davon gingen an das Brecht-Haus.
Das Geld kam nicht aus Fischers Amt, sondern vom Entwicklungshilfeministerium, und die Sprachlehrerin Schiller war an keiner der Veranstaltungen beteiligt.
Nach drei vorangegangenen Fragestunden zur 68er-Bewältigung haben selbst in der Unions-Fraktion die führenden Köpfe das Interesse an derartigen Fragen verloren – und damit offenbar auch das Zutrauen, Fischer oder Umweltminister Jürgen Trittin von der Regierungsbank kegeln zu können. Weder Parteichefin Angela Merkel noch Fraktionschef Friedrich Merz oder CSU-Landesgruppenchef Michael Glos ließen sich gestern blicken. Glos hatte am Vortag deutlich gemacht, dass auch die Pläne für einen Untersuchungsausschuss zur Causa Fischer zu den Akten gelegt werden dürften.
Das Ziel der Opposition war gestern nur noch Zermürbung. SPD-Generalsekretär Müntefering hatte bereits am Vormittag die Wirkung der permanenten Nadelstiche eingestanden: „Nerven tut es.“ Wie ernst Fischer die Gefahr nimmt, sich in den Fußstricken der Detailfragen zu verheddern, zeigte seine Teamaufstellung: Obwohl selbst nicht ins Plenum gekommen, hatte er neben seinem Parlamentsreferenten den Büroleiter sowie seinen Chefsprecher vor Ort postiert.
Ihnen wurde durchaus Programm geboten. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Koppelin wollte wissen, wie Fischer in den 70er-Jahren seinen Lebensunterhalt bestritten habe und ob es insbesondere stimme, „dass er von umfangreichem Bücherklau gelebt hat“. Bundestagsvizepräsidentin Anke Fuchs (SPD) untersagte diese Frage ebenso wie die der CDU-Abgeordneten Sylvia Bonitz zu Fischers Teilnahme an der PLO-Konferenz in Algier 1969: „Ist Herr Fischer damals im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen?“
PATRIK SCHWARZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen