: Fräulein Literaturs Gespür für Pinguine
■ Der Machtclub im Mojo präsentiert heute den Fotoroman „Der P-Pinguin“
Pinguine üben einen seltsamen Reiz auf Menschen aus. Im vergangenen Jahr wurde eine Forschergruppe auf die Falkland-Inseln gesandt, um herauszufinden, ob die „possierlichen Tierchen“ (Prof. Grzimek) tatsächlich auf den Rü-cken kippen, wenn Kampfflugzeuge über sie hinwegdonnern. Tun sie nicht, fanden die britischen Zoologen schnell heraus.
Da hätten sie gleich noch untersuchen können, ob Pinguine Diamanten scheißen können, wie es die dämlichen Mendoza-Brüder in Der P-Pinguin vermuten. Da rauben zwei Ganoven mit den Namen „Eberhard, das Hirn“, gespielt von Nicole Happ, und „Forst, der Bestrafer“ (Alexander Posch) in Patagonien die glitzernden Juwelen, verfüttern sie zwecks Schmuggelns an einen Pinguin und wollen den Vogel dann später aus Hagenbecks Tierpark stehlen. Die Mendozas (für die ziemlich beknackten Gesichtsausdrücke zeichnen Lars Dahms, Dierk Hagedorn und Michael Weins verantwortlich) versuchen derweil, einem Restaurantbesitzer aus Geldnot ihren Hund als schmackhaftes Fleisch aufzuschwatzen. Der fordert statt dessen einen Pinguin. Es kommt, wie es im schlechten Krimi kommen muss – oder wie es der Erzähler formuliert: „Also gut ... es wird Tote geben.“
Genau an dieser Stelle beginnt der eigentliche Spaß. Denn immerhin handelt es sich beim P-Pinguin um einen Foto-Roman und mithin eine Gattung, die keine Erzählerfigur nötig hat. Doch der glatzköpfige Reporter mit dem Mikrofon muss immer dann auftauchen, wenn die Fotos nicht für sich sprechen. Und das tun sie ständig, denn der ganze Roman zeigt Bilder aus Hamburg. Gemeint ist aber oft ein ganz anderer Kontinent, und so ist man ganz froh über die Erklärungen. Die zahlreichen Perspektiv-wechsel, die der Reporter moderiert, sind gewollt und dienen ausschließlich der parodierenden Komik. Fast ausschließlich, denn eine Reise nach Südamerika hätte das Budget der Produktion gesprengt.
In seinem Machwerk ironisiert das Autorenkollektiv aus der Hamburger Literatur- und Slam-Szene einerseits die meist tumben und gleichförmigen Handlungen der Liebes- und Kriminalromane, wie es auf der anderen Seite Meister der Bildgeschichten von Wilhelm Busch über F. W. Bernstein bis hin zu Künstlern wie dem Texter- und Zeichnerpaar Katz und Goldt zitiert. Und, was den P-Pinguin so lesens- und betrachtenswert macht, ist letztlich: Geschichten mit niedlichen Tieren ziehen immer.
Eberhard Spohd
Präsentation + Lesung von Friederike Trudzinski und Tanja Leonhard heute, 21 Uhr, Machtclub, Mojo
Der P-Pinguin, Eichborn, 70 S., 19,80 DM
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