UNIONSFRAKTION LEHNT „AKTIONSPLAN GEGEN RECHTS“ AB. DAS PASST: Die Tür nach rechts bleibt offen
Die CDU/CSU-Fraktion hat den „Aktionsplan gegen Rechts“ abgelehnt, den SPD, Grüne, FDP und PDS in den Bundestag eingebracht hatten. Das ist nur konsequent. Denn bei der Einführung des Themas Migration in die bundesdeutsche politische Diskussion spielten CDU und CSU nicht irgendeine Rolle. Die Unionsparteien haben sich in der „Ausländerfrage“ vielmehr seit Anfang der Achtzigerjahre so aktiv betätigt, dass man fast sagen könnte: Sie haben sie gemacht. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich Christdemokraten und -soziale nun von ihrer eigenen Politik distanzieren würden. Im Gegenteil: Die Union kann stolz auf sich sein. Ihr ist eine Art Kulturrevolution gelungen.
1983 sprach es CSU-Innenminister Friedrich Zimmermann erstmals öffentlich aus: „Ein konfliktfreies Zusammenleben wird nur möglich sein, wenn die Zahl der Ausländer bei uns begrenzt und langfristig vermindert wird.“ Seitdem ist eine Menge passiert: Von der „Ausländerflut“ über die „Asylantenschwemme“ wurden allerlei bis dato unbekannte Begriffe in der öffentlichen Debatte verankert. Besonders in den unteren Einkommensschichten, aber nicht nur dort, ist die Angst vor irgendwelchen Zuzüglern, die uns Deutschen ans Leder oder zumindest ans Portmonee wollen, heute tief verwurzelt. An- und Übergriffe auf Menschen, die nicht ganz so aussehen wie wir, sind mittlerweile an der Tagesordnung. Das Asylrecht wurde de facto abgeschafft. Und selbst Leute, die sich als Linke sehen, trauen sich selten, auf die vergleichsweise niedrige Zahl der Ausländer hierzulande zu verweisen. Von der Forderung nach offenen Grenzen für alle Menschen ganz zu schweigen.
In einem Land, in dem von Arbeitslosigkeit über Energiepolitik bis zu Verbraucherschutz alle möglichen ernsthaften Probleme anstehen, hat die Union in den vergangenen zwanzig Jahren ein Randthema nicht nur erfolgreich eingeführt, sondern sogar als Dauerbrenner etabliert. Mit der „Ausländerfrage“ beschäftigen CDU und CSU immer dann die Nation, wenn sie politisch gerade nichts anderes anzubieten haben. Und wenn dann irgendwelche fehlgeleiteten Rechtsextremen die Unionsparolen ernst nehmen und zuschlagen, dann schreien die christlichen Politiker nach repressiven Maßnahmen – gegen rechte und linke Extremisten. Die CDU/CSU bleibt, was sie ist: Ein Musterbeispiel von ausgewogenem Rechtspopulismus. RÜDIGER ROSSIG
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen