DIE GRÜNE BOYKOTTFORDERUNG GEGEN US-ÖLFIRMEN REICHT NICHT
: Global Players für Verbraucherschutz

Im kanadischen Québec werden heute tausende auf die Straße gehen – gegen die geplante gesamtamerikanische Freihandelszone FTAA. Dabei haben die Demonstranten einen Kampf bereits im Vorfeld verloren: den um den Begriff „Globalisierung“. Denn so nennen sie weiterhin ausschließlich die Ausbreitung des kapitalistischen Wirtschaftssystems über den Globus, den brutalen Wettbewerb um möglichst niedrige Preise, Löhne und gesetzliche Vorgaben – und nicht etwa den Umweltschutz. Dabei kann „Globalisierung“ auch einen positiven Klang haben: etwa wenn man den Begriff auf den weltweiten Protest gegen ebendiese bedrohliche Art des Wirtschaftens bezieht. Eine Konferenz der grünen Parteien in Canberra hat gerade gezeigt, wie das geht.

Die internationalen Grünen wollen dem klassischen globalen Problem Treibhauseffekt global begegnen. Folgerichtig basteln sie an einer Allianz gegen den Hauptklimafeind USA. Die Grünen wissen genau, wer die US-Umweltpolitik macht: Sie rufen nicht nur dazu auf, Nordamerika mit „allen friedlichen Mitteln“ unter Druck zu setzen, sondern fordern ganz offen einen Boykott gegen „Ölfirmen wie Exxon“. Und damit treffen sie den Nagel auf den Kopf: Natürlich hat George W. Bush nichts gegen den Klimaschutz – er ist ihm nur einfach egal. Die wirklichen Klimasünder aber sitzen in den Konzernzentralen der Energiemultis, die Bushs Wahlkampf finanziert haben und der Öffentlichkeit vormachen, der Wohlstand ließe sich nur mit mehr Öl halten. Und ein Boykott ist ein ideales Mittel, um auch hartleibige Konzerne zu mehr Rücksicht auf ihre Kunden zu bewegen.

Und doch bleiben zumindest die deutschen Grünen auf halber Strecke stehen. Der alte Grundsatz der Umweltbewegung heißt „Global denken, lokal handeln“. Was aber sagt dem deutschen Verbraucher die Erklärung von Canberra? Ob er weiß, dass die deutsche Esso Tochter eines US-Konzerns ist? Und: Sind andere Ölfirmen wie Shell oder BP moralisch besser, nur weil sie als europäische Firmen nicht für den US-Wahlkampf spenden?

Konsequent wäre es, eine Liste der Firmen zu erstellen, die an der Aufheizung der Atmosphäre verdienen, und sie in einer öffentlichen Kampagne zu benennen. Denn erst dann könnten die mündigen Verbraucher selbst entscheiden, wo sie ihr Auto, ihren Strom und ihr Benzin kaufen wollen. Eine Ministerin für Verbraucherschutz haben die deutschen Grünen schon. In einer globalisierten Welt sollte diese nicht nur für regionales Rindfleisch zuständig sein – sondern auch für globale Schweinereien. BERNHARD PÖTTER