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Gegen den Bremer Schlendrian

■ Gesundheitstage im Roland-Center locken mit Dinkelkissen und Powerhäppchen / Strahlender Teint und rebellierender Magen

Etwas übel kann dem Besucher schon werden. Obwohl das Gegenteil beabsichtigt war: nämlich Gesundheit – ,tschuldigung, Wellness und Fitness, wie diejenigen sagen, die hinter dem Wort Gesundheit eine Aura von Birkenstock und Sackklamotten vermuten.

Mit knapp vierzig Infoständen soll dem Bremer Fitness-Schlendrian nun der Garaus gemacht werden. Denn ist der Bürger gesund, freut sich der Finanzsenator, wie Hartmut Perschau (CDU) gestern zur Eröffnung der Gesundheitstage im Roland Center bekannte. Vom Badeöl bis zum fettfreien Powerhäppchen ist bis zum 28. April alles dabei, was zum strahlenden Teint – und zum rebellierenden Magen – führt.

Und das geht so: Man starte am Rossmann-Stand mit Vitamin-A-Brausetabletten und lade noch die ganze Palette bis F nach. Vermengt mit Brotpröbchen und Müslikonfekt ist man schon ganz gut gerüs-tet, um bei „Multan“ Mittel gegen sinnlose Völlerei zu testen.

Der Hersteller Dr. Markert hat sich mit einer glibbrigen, orangefarbenen Flüssigkeit eine pfiffige Diät ausgedacht: Essen soll keinesfalls Spaß machen, lautet das Prinzip. Das glaubt der Kunde gerne und verzichtet auf Probe und Purzelpreis (knapp 40 Mark die Dose).

„Benutzen Sie etwa Nivea?“, flüstert entrüstet ein Vertreter für „Herbal Cosmetics“. Und beinah hätte er die widerspruchsschwache Kundin überzeugt, statt vier zukünftig 20 Mark für die Pfirsichhaut auszugeben, wenn er nicht den entscheidenden Fauxpas begangen hätte: Das Gesichtserfrischungswasser mit „Prickeleffekt“, heimtückisch aus der Hüfte ins Gesicht gespritzt, ist nach Brausetabletten und Dinkelkissen zu viel.

Zum Glück gibt's gegen die aggressiven Sinnesattacken die leicht frivol aussehenden, brummenden Massageärmchen am Stand dahinter: Sie vermögen die Aura der Besucher des mutierten Roland Centers wieder zu glätten. jes

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