: Lauschangriff erlaubt
Klagen erst nach Schaden: Karlsruhe lehnt Beschwerde gegen Grundgesetzänderung ab
FREIBURG taz ■ Das Bundesverfassungsgericht wird in nächster Zeit nicht über den großen Lauschangriff beschließen. Gestern wurde eine Verfassungsbeschwerde von drei Hamburger Prominenten als „unzulässig“ abgelehnt, weil diese nicht selbst von einer Abhörmaßnahme betroffen waren.
Geklagt hatten der GAL-Abgeordnete und Kritische Polizist Manfred Mahr, der Strafverteidiger Gerhard Strate und der Pastor Christian Arndt, die die Grundgesetzänderung von 1998 als „verfassungswidriges Verfassungsrecht“ gebrandmarkt hatten. Damit ist de facto auch eine ähnliche Beschwerde von mehreren FDP-Politikern um Burkhard Hirsch und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vom Tisch, obwohl Karlsruhe hier erst nächstes Jahr entscheiden will.
Schon 1992 hatten die drei Hamburger gegen das verschärfte Polizeigesetz geklagt. Das Gesetz erlaubt seither den präventiven Lauschangriff zur „Abwehr von Gefahren“ sowie die Observation von „Kontakt- oder Begleitpersonen“. Hierdurch sahen sich auch der Anwalt, der Abgeordnete und der Pfarrer bedroht, da sie beruflich immer wieder mit Straftätern zu tun hätten.
Auch diese Verfassungsbeschwerde erklärte Karlsruhe gestern für unzulässig. Die Kläger müssten erst eine konkrete Polizeimaßnahme abwarten und dagegen bei den Fachgerichten klagen. Den Einwand von Anwalt Strate, dass man ja nicht wissen könne, wann die Polizei geheime Ermittlungsmethoden einsetze, ließ das Gericht nicht gelten. Es wies darauf hin, dass Personen, die gezielt überwacht werden, stets benachrichtigt werden müssen, sobald die Polizeitaktik dies zulässt. Eine kleinere Lücke im Hamburger Polizeigesetz schloss das Gericht durch eine „verfassungskonforme Interpretation“ der Vorschrift.
Zudem, versuchte das Gericht Rechtsanwalt Strate zu beschwichtigen, sei der Begriff „Kontaktperson“ eng auszulegen. Ein Strafverteidiger falle auch bei seiner Tätigkeit mit Mandanten aus dem kriminellen Milieu nicht darunter. Eine gezielte Überwachung wäre nur möglich, wenn der Jurist selbst krimineller Handlungen verdächtigt wird. (Az.: 1 BvR 1086/99 und 1104/92) CHRISTIAN RATH
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