: China greift nach Zentralasien
Peking und Moskau verbünden sich in der „Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit“ mit den Regierungen Zentralasiens gegen islamische Unabhängigkeitsbewegungen. Der Beitritt Usbekistans soll das Staatenbündnis aufwerten
aus Peking GEORG BLUME
Zum Tee nach südchinesischer Art mit Erdnüssen und Sonnenblumenkernen haben sich gestern die Staatschefs der so genannten Schanghai-Gruppe getroffen, um an dem Ort, der ihrem vor fünf Jahren gegründeten Staatenbund den Namen gab, das neue Mitglied Usbeskistan zu begrüßen. Sie tauften ihre Gruppe um und planten, militärisch stärker zu kooperieren. Mit anderen Worten: Der sich fortan Organisation für Zusammenarbeit nennende asiatische Staatenclub will weltpolitisch endlich ernst genommen werden.
Dafür soll der Beitritt Usbekistans, das neben China, Russland, Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan das sechste Mitglied ist, ein wichtiges Signal setzen. Denn hier wittert man Gegner: die Islamische Bewegung Usbekistans, die mit Waffen für einen unabhängigen Staat kämpft. So weit könne es auch in ihren Ländern kommen, fürchten die anderen Regierungen. Ihr gemeinsames Ziel: Die Niederschlagung islamischer Guerillabewegungen in Zentralasien. Noch gestern wollte sich die Gruppe in einer Erklärung für die Zusammenarbeit beim Kampf gegen „religiösen Extremismus, Terrorismus, Waffen- und Drogenhandel und organisiertes Verbrechen“ aussprechen.
Den Staaten der Schanghai-Gruppe ist gemein, dass Muslime in wichtigen Regionen die Mehrheit der Bevölkerung stellen und nach politischer Unabhängigkeit streben. Das gilt auch für die Westregionen Chinas, in denen mutmaßlich islamische Gruppen in den letzten Jahren Bombenanschläge und Attentate verübten. Kein Wunder, dass Peking die Schanghai-Gruppe einst ins Leben rief und seine Außenpolitik jetzt auf Vertiefung der Kooperation setzt. Dabei folgt man einer alten Pekinger Devise, die der empfundenen Hegemonie der USA eine verstärkte Regionalisierung und Multipolarisierung entgegensetzt.
Auch die USA sind in der Region aktiv und haben ihre militärische Hilfe für Kasachstan, Kirgisien und Usbekistan aufgestockt. Darauf will China nun mit der Gründung eines Antiterrorismuszentrums in Kirgisien und der Aufstellung gemeinsamer Grenzpatrouillen antworten.
„Länder rund um China sollten China zumindest neutral gegenüberstehen und nicht mit den Vereinigten Staaten verbündet sein“, definierte das chinesische Magazin Strategie und Management kürzlich die Ziele der Pekinger Zentralasienpolitik. „Sofern die Länder Landesgrenzen mit China teilen, sollten sie unter chinesischem Einfluss stehen.“ Dies passt zur traditionellen Vorstellung der Außenpolitik des Reichs der Mitte, die alle Nachbarn zu Vasallen macht, auch wenn es der Gleichberechtigungsrhetorik der Schanghai-Gruppe widerspricht.
Chinas Präsident Jiang Zemin sagte seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin die Unterstützung seiner Regierung bei der Erhaltung des strategischen Gleichgewichts zu. Putin, der am Samstag US-Präsident George W. Bush trifft, habe noch einmal Moskaus Ablehnung der US-Raketenabwehrpläne betont.
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