: Sat.1 gewinnt Prozess
Gericht hebt Thierses Hausverbot gegen Journalisten auf, die im Bundestag Kokain gefunden haben wollen
BERLIN dpa ■ Nach dem angeblichen Kokainskandal im Bundestag hat das Berliner Verwaltungsgericht das Hausverbot gegen zwei Journalisten aufgehoben. Die einjährige Sanktion sei schon aus formalen Gründen rechtswidrig gewesen, urteilte das Gericht gestern. Es habe keine gesetzlich erforderliche Anhörung der Betroffenen gegeben, rügte Richter Reinhard Neumann. Damit hat Bundestagspräsident Wolfgang Thierse eine weitere Niederlage vor Gericht erlitten. Erst Ende Januar hatte dasselbe Gericht die von Thierse verhängte Millionenstrafe gegen die CDU aufgehoben.
Der Chef des Sat.1-Magazins „Akte 2000“, Ulrich Meyer, sowie der Journalist Martin Lettmayer können nun wieder aus dem Bundestag berichten. Das im vorigen November verhängte Verbot war wegen der Klage der beiden Journalisten ohnehin nicht in Kraft getreten.
Lettmayer hatte ohne Drehgenehmigung im Präsidialbereich des Bundestags gefilmt und von Kokainspuren in 22 Reichstagsklos berichtet. Der Journalist hatte dazu per Wischtest Proben auf den Toiletten genommen. Im Endeffekt konnte nicht nachgewiesen werden, wie das Kokain in die Proben aus dem Bundestag kam. Verschiedene Thesen von einer Verteilung über das Putzwasser bis hin zu einer möglichen Verteilung von Kokainresten an Kleidern wurden erörtert.
Der Bericht hatte ein heftiges Medienecho, aber auch Kritik an der Art der Recherche ausgelöst. Thierse hatte von „Toilettenschnüffelei“ gesprochen. Das Gericht schätzte ein, dass die heimlichen, vorsätzlichen Filmaufnahmen ein Verstoß gegen die Hausordnung des Bundestages waren. Doch Thierse sei nicht ermächtigt gewesen, eine solche Sanktion anzuordnen. Die Hausordnung sei keine Rechtsnorm.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen