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Ohne Grüne geht es auch

Die PDS hatte sie schon angedroht, die jüngsten Umfragen würden sie ermöglichen: eine Koalition der SPD mit der PDS ohne die Grünen. Selbst die Sozialdemokraten schließen Rot-Rot nicht mehr aus

von UWE RADA

War es eine Drohung oder eine Flucht nach vorne? Gestern erteilte die Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) einer Koalition mit der PDS eine klare Absage. Wenn man Modernisierung in Berlin wolle, dann sei nicht die PDS die Partei, die die Konzepte habe, so die ehemalige Vorstandssprecherin der Grünen. Nur: Ob die Konzepte der Grünen von der SPD oder der PDS gebraucht werden, muss erst noch geklärt werden. Nach den beiden jüngsten Meiungsumfragen braucht der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Grünen gar nicht mehr. SPD und PDS hätten zusammen schon die absolute Mehrheit der Sitze im Abgeordnetenhaus.

Dass eine Koalition von SPD und PDS nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch in der Bundeshauptstadt denkbar ist, darauf hatte schon vor dem Sturz von Eberhard Diepgen der PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch hingewiesen. Rot-Rot-Grün, meinte Bartsch, sei nicht erstrebenswert. „Eine neue Regierung muss schmerzhafte Entscheidungen treffen. Und das geht besser in einem Zweierbündnis.“

Im Berliner PDS-Landesverband ist man über das forsche Vorpreschen des Bundespolitikers Bartsch nicht gerade erfreut, doch das Thema steht im Raum, nicht nur bei der PDS.

Zwar hat sich gestern der Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, ählich wie Renate Künast für eine rot-grüne Koalition in Berlin ohne Beteiligung der PDS ausgesprochen. Doch in der SPD gibt es durchaus auch andere Stimmen. Der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Klaus-Uwe Benneter etwa hält Rot-Rot für prinzipiell denkbar. „Das ist nicht unser Wunschbündnis, wir schließen es aber auch nicht aus“, sagte Benneter der taz. Benneter sprach sich zugleich aber gegen Spekulationen um mögliche Koalitionen aus. „Was möglich ist, das wird der Wähler entscheiden.“

Die PDS sei für viele SPD-Linke der näher liegende Koalitionspartner, meint der Sprecher des linken Donnerstagskreises, Stefan Grönebaum. „Gerade auf Bundesebene haben sich die Grünen nicht gerade als Reformer erwiesen.“ Grönebaum verwies zudem auf Sachsen-Anhalt, wo die rot-rote Zusammenarbeit besser laufe als die Tolerierung einer rot-grünen Regierung durch die PDS. In der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus wurde über die rot-rote Option allerdings noch nicht gesprochen. „Kein Thema“, sagte Fraktionssprecher Peter Stadtmüller.

Umso mehr Thema ist eine mögliche Koalition der SPD mit der PDS dagegen bei den Grünen. Der grüne Finanzexperte Burkhard Müller-Schoenau glaubt jedenfalls nicht an eine Koalition aus SPD, PDS und Grünen, wenn es auch für SPD und PDS allein reichen würde. Das sei auch nicht wünschenswert. „Eine Koalition, in der man nicht nötig ist, wäre für die Grünen fatal, weil man da nichts zu melden hätte.“ Auf der anderen Seite glaube er aber, dass die SPD in diesem Fall ein „Vermittlungsproblem an ihrer Basis“ hätte. „Die Grünen hatten immer auch eine Scharnierfunktion zwischen PDS und SPD.“

Genau das bezweifelt man in der PDS inzwischen aber. „Diese Scharnierfunktion hätten die Grünen 1995 wahrnehmen können. Seitdem es aber auf Bundesebene Gespräche zwischen SPD und PDS gebe, hat sich das erledigt“, heißt es aus PDS-Kreisen. Der gestrigen Drohung von Renate Künast steht also eine ähnliche Drohung seitens der PDS gegenüber.

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