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Waffenstillstand? Nicht in Sicht

Unweit des Tel Aviver Flughafens zünden palästinensische Attentäter zwei Autobomben, in Dschenin beschießt die israelische Luftwaffe ein mit Sprengstoff beladenes palästinensisches Auto. Die Hoffnung auf ein Ende der Gewalt in Nahost schwindet

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Nach zwei neuen Bombenanschlägen sinkt die Hoffnung auf ein Gelingen des zwischen Israel und den Palästinensern vereinbarten Waffenstillstands. In dem Ort Jehud, unweit des israelischen Flughafens Ben Gurion, explodierten gestern früh in kurzen Abständen zwei private Pkws, an denen Aktivisten der PFLP jeweils zehn Kilogramm Sprengstoff angebracht hatten und per Mobiltelefon zündeten. Bei den Explosionen kam niemand zu Schaden.

In einem Bekennerschreiben der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) heißt es, dass mit den Anschlägen „der Mord an fünf palästinensischen Kämpfern am Sonntag in Dschenin“ gerächt werden solle. Unter den Toten von Dschenin waren drei Mitglieder der islamistischen Widerstandsorganisation Dschihad Islami gewesen.

Die drei Männer waren in der Nacht zum Montag von einem israelischen Militärhubschrauber in ihrem offenbar mit Sprengstoff beladenen Wagen mit einer Rakete beschossen worden. Berichten zufolge sollte mit der Exekution der Dschihad-Leute ein geplantes Attentat vereitelt werden. Ran Cohen, Fraktionsvorsitzender der israelischen Oppositionspartei Merez, rechtfertigte den Beschuss, der das Ziel gehabt habe, „unschuldigen Zivilisten das Leben zu retten“.

Nach den jüngsten Gewaltakten sinkt die Chance auf eine Umsetzung der US-amerikanischen Initiativen von CIA-Chef George Tenet sowie der Mitchell-Kommission, die eine Beendigung der Gewalt zum Ziel haben, auf einen Tiefpunkt. Erst am Wochenende hatte Israels Premierminister Ariel Scharon angekündigt, dass „die Zeit der Testphase für den Waffenstillstand noch nicht gekommen ist“. Scharon fordert eine hunderprozentige Feuerpause, bevor die erste Stufe des Tenet-Plans beginnen soll. Einer siebentägigen Testphase sollen demnach sechs Wochen der so genannten Abkühlung folgen. Erst anschließend würde der Mitchell-Plan mit einer zeitlich unbefristeten Periode der „vertrauensbildenden Maßnahmen“ in Kraft treten.

Auf palästinensischer Seite wurde die Vermutung laut, Scharon habe mit der Exekution der Dschihad-Aktivisten die Feuerpause zum Scheitern bringen wollen, um alle weiteren Schritte zu verzögern.

Die geplante Wiederaufnahme der politischen Verhandlungen, die nach der Stufe der vertrauensbildenden Maßnahmen ansteht, ist für Scharon auch mit Blick auf seine Regierungskoalition problematisch: Während Außenminister Schimon Peres eine Fortsetzung der Verhandlungen auf der Basis der Osloer Verträge anstrebt, bevorzugt Scharon eine verlängerte Interimsphase, in der die Palästinenser auf einem Gebiet von zunächst 56 Prozent ihres Landes einen Staat gründen sollen. Der Vorschlag stieß bei den Palästinenser bereits auf Ablehnung.

Palästinenerpräsident Jassir Arafat, der am Morgen mit dem Nahost-Abgesandten der UNO, Terje Larsen, zusammenkam, nannte die israelische Operation ein „Verbrechen gegen das palästinensische Volk“ und eine „scharfe Verletzung des Waffenstillstandsabkommens“. Arafat appellierte an das Ausland, die Militäroperation zu verurteilen. Larsen zeigte sich angesichts der neuen Eskalation skeptisch, ob der vereinbarte Waffenstillstand halten könne. Die Führung des Dschihad kündigte an, sich fortan nicht mehr an die Feuerpause zu halten. Das israelische Militär richtet sich auf erneute Übergriffe ein.

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