Innere Unsicherheit im Amt

Fachleute beklagen inhumane Zustände in der Ausländerbehörde und fordern die Ablösung von Leiter Ralph Bornhöft  ■ Von Elke Spanner

Eine Stunde pro Woche ist das Telefon in der Visaabteilung besetzt. Zwölf verschiedene Nummern probierte Rechtsanwältin Sigrid Töpfer in der vorigen Woche in der Abschiebeabteilung aus, vergebens. Und als sie dann die Sekretärin des Abteilungsleiters bat, diesem eine Nachricht zu hinterlassen, weigerte sie sich. Willkür und Korpsgeist in der Ausländerbehörde, so gestern AnwältInnen, PädagogInnen, ÄrztInnen und FlüchtlngsberaterInnen, haben noch zugenommen, seit MigrantInnen mit festem Aufenthalt in den Bezirksämtern betreut werden und in der Amsinckstrasse nur noch Flüchtlinge mit unsicherem Status vorsprechen müssen. Die Verantwortung dafür habe einen Namen: Ralph Borhhöft, Leiter des Einwohnerzentralamtes. Und der, so die Forderung der Fachleute, „muss weg“.

Natürlich seien damit nicht alle Probleme in der Amsinckstrasse gelöst, sagte Pia Peddinghaus von der „sozialpolitischen Opposition (Sopo)“. Dafür müsste sich auch strukturell einiges ändern: das Amt sollte komplett dezentralisiert werden, so dass auch Flüchtlinge ihre Angelegenheiten im Bezirksamt regeln können. Vor allem müsste die Abschiebeabteilung aufgelöst werden, ergänzte Claudia Leitsch von der „Gemeinwesenarbeit St. Pauli Süd (GWA)“. Jegliche Reform setze aber voraus, dass Bornhöft zuvor seinen Sessel räumt.

Denn der sei für den Korpsgeist unter den SachbearbeiterInnen verantwortlich, die ihre Aufgabe ausschließlich im Abweisen von Flüchtlingen sehen würden, sagte Almut Jörde von der Beratungsstelle „Fluchtpunkt“. Außerdem würden ihm sämtliche Grenzfälle vorgelegt. Konkret habe Bornhöft verfügt, dass die SachbearbeiterInnen stets ihre Abteilungsleitung hinzuziehen müssen, wenn ein ausländisches Kind sein Alter mit unter 16 angibt.

Dass die Grundstimung der AmtsmitarbeiterInnen gegen die Flüchtlinge gerichtet sei, belegten die ReferentInnen mit beispielhaften Fällen. Als Anwältin Töpfer ein Bleiberecht für einen schwer herz- und zuckerkranken Mandanten beantragte, musste sie sich von einer Sachbearbeiterin sagen lassen: “Was wollen Sie eigentlich, wenn er in Ghana geblieben wäre, wäre er doch sowieso schon längst tot.“ Und als die Ausländerbehörde einen kriegstraumatisierten Mann trotz anderslautendem Attest des Gesundheitsamtes in Abschiebehaft nahm, habe die Behörde gegenüber dem Rechtsanwalt argumentiert, dass sie das Attest nicht hätte einholen müssen und an dessen Ergebnis folglich auch nicht gebunden sei. „Rechtsbeugung und Rechtsverweigerung“, so Töpfer, seien „tägliche Praxis“.

Ausländerbehördensprecher Norbert Smekal wies die Vorwürfe zurück. Die seien diffamierend, ungerechtfertigt und „altbekannt“.