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Freispruch für die Polizei

Im Prozess um die beiden Mitarbeiter des Polizeiärztlichen Dienstes, die wichtige Unterlagen verschleppt haben sollen, wurden die Angeklagten freigesprochen

Der Freispruch freut die beiden Angeklagten, erleichtert schüttelten sie gestern ihren Anwälten die Hand: Das Landgericht hatte den Vorwurf der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, die beiden leitenden Mitarbeiter der Polizei hätten nach dem Selbstmord einer Kollegin eine grüne Mappe als wichtige Ermittlungsunterlage unterdrückt. Vielmehr haben die Angeklagten – der Leiter der Polizeilichen Sozialbetreuung Peter N. und die Leiterin des Polizeiärztlichen Dienstes Claudia Sch. – diese Mappe lediglich „nachvollziehbar ausgelagert“, so der Richter in der Urteilsbegründung.

Nach drei Verhandlungstagen ist damit der vorerst letzte Prozess im Zusammenhang mit dem Suizid der Polizistin Stefanie L. im Jahre 1997 zu Ende gegangen. Der Selbstmord war damals vielfach auf Mobbing in ihrer Dienststelle zurückgeführt worden. Insofern war das Verschwinden der grünen Mappe aus den Dienstakten durchaus brisant, enthielt sie doch persönliche Notizen von Stefanie L. und zwei Anzeigen gegen Kollegen. Die Beschuldigten N. und Sch. hatten vor Gericht indes stets abgestritten, die Mappe jemals „versteckt“ zu haben.

Sie wollten die Unterlagen der Frau nur „sichern“, damit sie nicht in falsche Hände gerieten, hatte der 59-jährige Leiter der Polizeilichen Sozialbetreuung, N., im Prozess wiederholt dem Richter erklärt. Deswegen hätten er und seine Chefin Sch. die grüne Mappe „mit Liebesbriefen an ihren Vorgesetzten“ bei einem befreundeten Notar hinterlegt. Bereits im Vorfeld der Ermittlungen seien Akten aus der Dienststelle verschwunden, hatte N. argumentiert. Zudem habe eine Zeitung unter Verwendung von Polizeiinterna behauptet, Stefanie L. sei von Kollegen in den Tod getrieben worden.

Auch N.s Vorgesetzte, die Angeklagte Sch., findet ihr Vorgehen nach wie vor richtig. Es solle endlich Schluss gemacht werden mit „dem gesamten Mobbing-Zirkus“, hatte sich die Leiterin des Polizeiärztlichen Dienstes im Prozess mehrfach erbost. Die 24-jährige Polizistin Stefanie L. sei eine „schwer kranke Frau“ gewesen, schon bevor sie zur Polizei gekommen sei.

Nach Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten trifft diese Darstellung allerdings nicht zu. Dann hätte Stefanie L. gar nicht erst bei der Polizei eingestellt werden dürfen. Und warum die Strafanzeigen in der grünen Mappe nicht verfolgt wurden, ist nach Ansicht der Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft, Bianca Müller, nur eine von vielen offenen Fragen.

KIRSTEN KÜPPERS

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