: Ruhendes Potenzial
Beratungszentrum für ausländische Existenzgründer, für Arbeitsplätze und Integration ■ Von Gernot Knödler
In Wilhelmsburg ist gestern eine Beratungsstelle für ausländische Existenzgründer und Minibetriebe gegründet worden. Sie will Migranten aus aller Herren Länder den Weg durch den deutschen Vorschriftendschungel weisen und ihnen helfen, die gefährlichsten ökonomischen Klippen zu umschiffen. Die vorhandenen Beratungsangebote reichen nach Ansicht der Initiatoren nicht aus. „Migranten nehmen die bestehenden Strukturen kaum in Anspruch“, sagte der Leiter des Projekts Kazim Abaci.
Bereits seit drei Jahren berät Abaci gründungswillige Migranten im Rahmen des Vereins „Unternehmer ohne Grenzen“ auf der Etage 21 der alten Rinderschlachthalle am Neuen Kamp. 50 bis 60 Firmengründer haben die ehrenamtlichen Aktiven des Vereins Abaci zufolge in dieser Zeit unterstützt. Durch eine Förderung aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF), kofinanziert von verschiedenen Behörden, kann das Projekt jetzt vier hauptamtliche MitarbeiterInnen beschäftigen. Zunächst drei Jahre lang arbeiten sie auf der Etage 21 und Im Veringhof 11 in Wilhelmsburg.
„Migranten wissen nicht, worauf sie sich einlassen, wenn sie sich in Hamburg selbständig machen“, berichtete Abaci. Als Assistent bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sei er täglich mit den Problemen von GründerInnen konfrontiert worden. Das Steuerrecht, das Gewerberecht, das Arbeits- und Sozialrecht – sie alle enthalten eine Vielzahl von Tücken für Anfänger. Abaci: „Viele wissen nicht, was ein Arbeitnehmer kostet, wenn sie ihn einstellen.“
Der Verein „Unternehmer ohne Grenzen“ entstand Abaci zufolge aus der Idee, eine Einkaufsgemeinschaft von Einzelhändlern zu gründen, die ohnehin alle beim gleichen Lieferanten kauften. Dabei sei klar geworden, dass es ein grundsätzliches Problem gebe. Heute seien Selbständige unterschiedlichster Branchen Mitglied: Gastronomen, Handwerker, Dolmetscher. Der Verein fungiert als Träger für das neue „Zentrum für Ausländische Existenzgründer und Betriebe“. Wer sich beraten lässt, entrichtet eine symbolische Gebühr.
Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) wies bei der Eröffnung da-rauf hin, dass bereits heute gut 14 Prozent der ExistenzgründerInnen ausländischer Herkunft seien. Von dem Beratungszentrum erhoffte er sich eine weitere Steigerung der in den vergangenen Jahren stark gewachsenen Zahl ausländischer Selbständiger. Es sei „ein Projekt, das für die Integration eine große Bedeutung hat“, sagte Runde, und das überdies Arbeitsplätze schaffe. Abaci erkannte hier ein großes unerschlossenes Potenzial.
Das Projekt nach Wilhelmsburg zu bringen, war dem Bürgermeister offenbar ein besonderes Anliegen. „Wilhelmsburg ist in mehrfacher Hinsicht der ideale Platz“, sagte Runde. Er nannte den hohen Ausländeranteil, das besondere Entwicklungspotential des Stadtteils und dabei besonders die Bewerbung für die Internationale Gartenbauausstellung 2013. Diese sei „ein großes stadtentwicklungspolitisches Projekt und nicht nur eine Blümchenschau“, die sich im Übrigen mit einer Olympia-Bewerbung keinesfalls ins Gehege kommen würde. Die Gäste dankten ihm solche Sätze mit Beifall.
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