piwik no script img

Nordsee hinter 30 Zentimeter Glas

Aquatische Lebensräume: Verein plant ein „Ozeanarium“ am Hafen  ■ Von Gernot Knödler

Hamburg soll ein Meereszent-rum bekommen. Dieses Ziel hat sich der Verein „ozean.tv“ auf die Fahne geschrieben, dem unter anderem Norbert Aust, Gesellschafter von Schmidts Tivoli, Nikolaus Gelpke, Gründer der Zeitschrift mare und Szene-Anwalt Manfred Getzmann angehören. Vor der IG St. Pauli erläuterten Frank Eyssen und Rolf Kellner vom Vorstand gestern die Idee des „Ozeanariums“, einer Kombination spektakulärer Aquarien mit Gastronomie zwischen dem „Buddy“-Musical-Zelt und dem Südausgang des Alten Elbtunnels.

Inspiriert von den großen Meereszentren in Genua, Lissabon, Sydney, Boston und Vancouver wollen die Initiatoren die aquatischen Lebensräume vom Ursprung bis zur Mündung der Elbe sowie vom Watten- bis zum Eismeer darstellen. In den zwölf bis 18 Meter breiten Becken wäre etwa der heutige Zustand des Stroms mit seinen 26 Fischarten zu beobachten oder sein Befinden vor 100 oder 150 Jahren, als das Ökosystem noch intakt war. In einem ringförmigen Becken könnte sich die Besucherin von einem Heringsschwarm umkreisen lassen, sie könnte in Zeitraffer die Gezeiten verfolgen und in dem Raum zwischen den Aquarien Ausstellungen zu Themen wie Hafen und Schiffbau betrachten. Höhepunkt soll ein 9000 Kubikmeter fassendes Ozean-Becken über zwei Stockwerke werden, mit 30 Zentimeter dicken Acrylglas-Scheiben.

Um die günstige Lage auszunutzen, sollen lange schmale Fenster einen Ausblick auf die Paradeseite der Stadt bieten. An vielen Stellen könnten BesucherInnen spontan hinaustreten auf eine terassenartige Freifläche mit einem Café. Die PassantInnen an den Landungsbrücken würde das Ozeanarium im Gegenzug mit einer Diashow beglücken, die über den Strom hinweg zu sehen wäre.

Die Brachfläche vor den Lagerhallen auf dem südlichen Elbufer, auf der das Ozeanarium gebaut werden soll, hält der Verein bisher für verschenkt. „Ich habe nie verstanden, dass hier so wenig passiert“, sagt Eyssen. Der Blick auf die Stadt und der Alte Elbtunnel seien die Perlen Hamburgs, die der Verein mit seiner Idee für den Tourismus nützen möchte.

120 Millionen Mark, schätzen die Initiatoren, würde das Projekt kosten, dazu zwölf Millionen Mark im Jahr an Betriebskosten. Bei Eintrittspreisen ab 20 Mark müssten 1,2 Millionen BesucherInnen pro Jahr ausreichen, um das Zentrum rentabel zu machen, so ihre Rechnung. Investoren stünden bereit.

Allerdings müssten Senat und Bürgerschaft die nötigen Flächen zu einem symbolischen Preis verkaufen, eine Zufahrtstraße durch den Hafen bauen und den Betreibern Sondernutzungsrechte am Alten Elbtunnel einräumen, der besser vermarktet werden soll. Die Stadt werde dafür um eine zu ihr passende Attraktion reicher. Eyssen: „Jeder Tourismus-Betrieb kann von so einem geschärften Profil nur profitieren.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen