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Juristen-Ausbildung wird reformiert

Nach den Ländern legt auch Rot-Grün ein Konzept für eine stärker anwaltsbezogene juristische Ausbildung vor. Neuheiten für Richter: Erfahrungen in anderen juristischen Berufen erwünscht. Kriterium der sozialen Kompetenz stößt auf Verbandskritik

aus Freiburg CHRISTIAN RATH

Die langjährige Diskussion um eine Reform der juristischen Ausbildung nähert sich ihrem Ende. Nach den Ländern haben nun auch die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen einen Gesetzentwurf erarbeitet.

Der auffälligste Unterschied zum Ländervorschlag hat allerdings mit der Ausbildung selbst gar nichts zu tun: Juristen sollen künftig erst Richter werden können, nachdem sie zwei Jahre als Anwalt oder in anderen juristischen Berufen gearbeitet haben. Seit 1998 steht die Reform der juristischen Ausbildung ganz oben auf der rechtspolitischen Agenda. Völlig überraschend hatte damals die Justizministerkonferenz der Länder beschlossen, das Jurastudium mit dem juristischen Referendariat zu einer einphasigen Ausbildung zusammenzulegen. Damit sollte zum einen Geld im Referendariat eingespart und zugleich eine bessere Betreuungsrelation von Professoren und Studierenden in der Universität (CNW-Wert) durchgesetzt werden. Doch nach zwei Jahren war die Unterstützung für das ehrgeizige Projekt unter den Ländern so stark abgebröckelt, dass es abgeblasen wurde. In einem neuen Reformanlauf einigten sich die Länder inzwischen, die Zweiphasigkeit der Ausbildung beizubehalten. Studium und Referendariat sollen aber stärker auf den Anwaltsberuf ausgerichtet werden.

Diesem Ansatz der Länder folgt nun auch der rot-grüne Gesetzentwurf. Die Grundzüge der Reform stimmen jedenfalls in beiden Papieren überein: Schon an der Unversität sollen anwaltliche Schlüsselqualifikationen wie Verhandlungsmanagement und Vernehmungslehre unterrichtet werden. Erwartet werden künftig auch fachbezogene Fremdsprachenkenntnisse.

Damit sich Juristen und Fakultäten stärker spezialisieren können, werden die Wahlfächer aufgewertet. Diese werden künftig am Ende des Studiums von der Universität in eigener Verantwortung geprüft. Im Referendariat sollen künftig Schwerpunkte gesetzt werden, insbesondere wird die Pflichtstation in einer Anwaltskanzlei stark verlängert. Der rot-grüne Entwurf, der der taz vorliegt, unterscheidet sich vom Gesetzentwurf der Länder vor allem in drei Punkten. So wollen die Länder den Anteil der Wahlfachprüfung am ersten Examen auf 25 Prozent, Rot-Grün sogar auf 50 Prozent festlegen. Von einer Ausbildung zum „Einheitsjuristen“, der alle juristischen Berufe ergreifen kann, könnte man dann aber kaum noch sprechen. Hier werden sich wohl die Länder durchsetzen. Außerdem will Rot-Grün, dass die Anwaltsstation im Referendariat für alle Juristen mindestens ein Jahr beträgt. Die Länder wollen dies nur für diejenigen vorschreiben, die später Anwalt werden. Groß ist der Unterschied hier allerdings nicht, da sowieso fast alle Referendare Anwalt werden oder sich zumindest nicht die Chance dazu verbauen wollen. Der deutsche Anwaltverein (DAV) hält beide Pläne für zu ehrgeizig. Eine deutlich verlängerte Ausbildung von jährlich 10.000 Referendaren sei für die Anwaltschaft nicht zu leisten, betont DAV-Präsident Michael Streck, realistisch sei dies allenfalls für 3.000 Nachwuchs-Juristen. Ausschließlich im rot-grünen Entwurf findet sich die Forderung, dass Richter nur eingestellt werden, wenn sie über „soziale Kompetenz, Lebens- und Berufserfahrung verfügen“. Nachweisen könnten sie diese durch eine „zweijährige Tätigkeit als Anwalt oder in einem anderen vergleichbaren juristischen Beruf“. Hier hat bereits der Deutsche Richterbund Bedenken angemeldet. „Wenn ein angehender Richter erst mal Anwalt werden muss, dann bleiben doch die besten Leute dort hängen, wo sie viel mehr verdienen“, befürchtet Geert Mackenroth, der Vorsitzende des Richterbunds. Angestrebt ist, dass die Reform bereits für Studienanfänger im Wintersemester 2002 greift.

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